Ein Tag mit Warren Buffett

Bei der Hauptversammlung von Berkshire Hathaway steht Investmentguru Warren Buffett im Mittelpunkt – leibhaftig, und manchmal sogar als Puppe. Die vielen Firmen, in die er investiert ist, zeigen dort auch ihre Produkte.
Bei der Hauptversammlung von Berkshire Hathaway steht Investmentguru Warren Buffett im Mittelpunkt – leibhaftig, und manchmal sogar als Puppe. Die vielen Firmen, in die er investiert ist, zeigen dort auch ihre Produkte.(c) Bloomberg (Daniel Acker)
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Das etwas andere Weihnachtsgeschenk für Finanzstreber: Ein Ticket für die Hauptversammlung von Berkshire Hathaway, dem Woodstock für Kapitalisten.

Wien. Ob Britney Spears, Bon Jovi oder Miley Cyrus: Sie alle haben in der Konzertarena des CenturyLink Center im US-amerikanischen Omaha schon vor Zehntausenden Fans gespielt. Einmal im Jahr jedoch betritt ein alter Mann die Bühne und spricht zu seinen Anhängern, viele von ihnen Multimillionäre und stets auf der Suche nach erfolgversprechenden Investmentmöglichkeiten.

Denn wenn der mittlerweile 86-jährige Warren Buffett etwas zu sagen hat, hört die Börsenwelt zu, und um live bei der Hauptversammlung seiner Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway dabei zu sein, muss man gar kein Großanleger sein. Man benötigt einen eigenen Zugangspass, von dem man wiederum vier Stück beantragen kann, sofern man im Besitz einer Berkshire-Aktie ist. Zwar ist das sogenannte Class-A-Wertpapier − es garantiert das volle Stimmrecht − mit einem Preis von knapp 250.000 Dollar die teuerste Aktie der Welt. Zum Jahrestreffen der Aktionäre können aber auch Besitzer der Class-B-Aktie kommen, und diese notiert derzeit bei 165 Dollar.

Freilich: Der zweitreichste Mann der Welt wird sich hüten, bei dem am 6. Mai stattfindenden Treffen konkrete Anlageempfehlungen zu geben, die sich jeder Händler ohnehin im Internet-Livestream anhören könnte. Es geht vielmehr um den Erlebnisfaktor sowie um die Möglichkeit, sich mit Investmentexperten aus der ganzen Welt zu vernetzen. Rund 40.000 von ihnen pilgern jedes Jahr nach Omaha, der größten Stadt des US-Bundesstaates Nebraska, und lauschen der bis zu acht Stunden dauernden Frage- und Antwortsession mit Buffett und seinem Vizechef, Charlie Munger.

Tatsächlich kommt der Hype um den als stets bescheiden geltenden Buffett nicht von ungefähr. Um durchschnittlich 21 Prozent pro Jahr stieg das Papier von Berkshire in den vergangenen 50 Jahren. Während viele Geldmanager kaum die wichtigsten Börsenindizes schlagen, hat Buffett Tausende Investoren, die in den 70er- oder 80er-Jahren seine Aktie gekauft haben, zu Millionären gemacht. Das „Wall Street Journal“ etwa bezeichnet den Amerikaner als „einen der erfolgreichsten Kapitalisten der Geschichte“.

Wer wird Nachfolger?

Will man bei Buffetts Hauptversammlung dabei sein, lohnt es sich, früh zu buchen. Wochen vor der Veranstaltung ist es nahezu unmöglich, in Omaha ein Hotelzimmer zu bekommen, und auch Berkshire empfiehlt auf der Webseite, seine Reisepläne „so früh wie möglich“ zu fixieren. Nicht umsonst wird das Treffen auch als Woodstock für Kapitalisten gefeiert, inklusive Cocktailempfang und eigenem Einkaufstag in der ganzen Stadt zu vergünstigten Bedingungen für Teilnehmer am Tag nach der Hauptversammlung.

Stets diskutiert wird dabei auch die Nachfolge Buffetts an der Spitze des Investmentkonglomerats mit mehr als 350.000 Mitarbeitern. Zumindest zwei Personen sollen ihn ersetzen, wobei eine die Geschäfte der Firma führen und eine oder mehrere die Investmententscheidungen treffen werden. Er habe sich zwar niemals besser gefühlt, sagt der 86-Jährige, der 2012 erfolgreich gegen Prostatakrebs gekämpft hat. Trotzdem plane er bereits die nächsten 50 Jahre für Berkshire, auch nach seinem Tod.

Langfristigkeit ist neben dem Mut, auch einmal gegen den Strom zu schwimmen, wohl die wichtigste Strategie, die Berkshire in den vergangenen 50 Jahren so erfolgreich gemacht hat. Jedem Investor, der die Aktie von Berkshire nicht zumindest über fünf Jahre lang halten will, rät Buffett explizit davon ab, das Papier zu kaufen. So ist Berkshire bereits dreimal innerhalb kurzer Zeit um 50 Prozent oder mehr gefallen, und „eines Tages wird ein nahezu ebenso hoher Verlust wieder passieren, und niemand weiß, wann“, schreibt Buffett in seinem Ausblick auf die nächsten 50 Jahre.

Deshalb auch gleich eine weitere Warnung des Multimilliardärs: Finger weg von Berkshire-Aktien, wenn das Investment fremdfinanziert werden muss oder wenn man das Geld in naher Zukunft dringend brauchen könnte. Der Kauf von Berkshire „ist so gut wie sicher zufriedenstellend für Investoren, kann aber durchaus eine desaströse Entscheidung für Spekulanten sein“, erklärt Buffett. Ein Satz, den er stets auch bei der Hauptversammlung wiederholt, vor 40.000 Menschen, im CenturyLink Center.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2016)

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