Trader Taghikhan: "Es ist die schwerste Art, leicht Geld zu verdienen"

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Trading oder doch gleich ins Casino? Ali Taghikhan, Geschäftsführer der Firma ATT Trading, wehrt sich gegen dieses Image und erklärt, wieso es viel Disziplin und wenig Emotionen braucht, um erfolgreich zu werden.

Die Presse: Ihr neustes Buch heißt "Wie erfolgreiche Trader handeln und denken". Was macht einen erfolgreichen Trader denn überhaupt aus?

Ali Taghikhan: Für mich ist ein erfolgreicher Trader jemand, der von seinem Trading leben kann, es anderen auch beibringen und im nächsten Schritt, auch fremdes Kapital verwalten kann.

Kann demnach prinzipiell jeder Trader werden?

Jeder kann es werden. Trading ist eine Ausbildung, wie jede andere. Man muss es nur lernen und es braucht Zeit. Es ist illusorisch zu glauben, dass man mit einer Kontoeröffnung bei einem Broker, ein paar Videos und einem Seminar, sofort traden lernen und reich werden kann.

Ali Taghikhan
Ali Taghikhanatt-trading

Wie sieht so eine Ausbildung denn aus?

Wir ( ATT Trading, Anm. der Redaktion) bieten eine andere Ausbildung an, als sie vielleicht üblich ist. Anders, als andere Anbieter, die einwöchige Kurse anbieten, ist es bei uns so, dass der Schwerpunkt nicht nur auf einer Intensivwoche liegt, in der wir die Grundlagen durchgehen, sondern viel wichtiger ist, dass bei uns noch drei Monate Betreuung dazukommen.

Was heißt das?

Das heißt, dass wir mit den Kursteilnehmern, den Stoff, den wir in der Intensivwoche durchgenommen haben, auch anwenden. Wir sitzen täglich mit unseren Schülern zusammen und üben das. Wir suchen uns am Markt Set-ups, Werte etc. um dann mit dem Wissen zu arbeiten.  Denn das größte Problem für jeden ist: Man sitzt ja beim Traden allein vor dem Rechner und erhält kein Feedback. Warum habe ich das nicht richtig gemacht, warum wurde ich ausgestoppt, warum habe ich Verlust gemacht? Man kann niemanden fragen. Und hier sind wir gefragt.

Wie viele Schüler haben Sie?

Wir haben vor zwei Jahren angefangen und sind im dreistelligen Bereich. Wir bieten die Kurse aber auch nicht so oft an, bedingt durch die dreimonatige  "Betreuungsphase". Bei uns steht die Ausbildung aber auch nicht im Vordergrund, sondern wir suchen Talente raus. Wir schauen genau hin und wenn wir Talente sehen, nehmen wir die Personen in ein Praktikum auf. Mit dem Ziel dann bei uns im Unternehmen zu arbeiten.

Ein Recruitingcenter also.

Ja, so seh ich das.

Ali Taghikhan

Ali Taghikhan ist seit 2005 privat als Daytrader. Professionell betreibt er Daytrading seit 2011. Taghikhan ist Geschäftsführer der Firma ATT Trading, die auch Ausbildungen und Schulungen für angehende Daytrader anbietet.

Was sind das eigentlich für "Typen", diese Trader?

Für mich war es schockierend, als ich in die Öffentlichkeit trat, wie viele schizophrene Personen hier herumlaufen. Die geben sich als Profis aus, sind es aber nicht. Man kann mit der Naivität der Menschen sehr viel Geld verdienen. Da gibt es jene, die anbieten, kommt vier Tage oder eine Woche zu mir in den Kurs, geht zu einem Broker, verdient Geld. Die meisten Menschen sind naiv und fallen dann auf die Nase.

Auf der anderen Seite gibt es dann die Leute, die das Metier ernsthaft betreiben, die sind sehr diszipliniert.  Trading braucht einfach enorm viel Disziplin.  Das sehen wir auch bei unseren Schülern. Die Hälfte von ihnen sind berufstätig. Das heißt, die gehen unter Tags einem normalen Job nach und setzen sich am Abend mit uns hin und gehen ihre Werte durch. Opfern ihre Freizeit dafür um ihrem Traum näher zu kommen. Ein professioneller Trader ist demnach ein Mensch mit enorm viel Selbstdisziplin.

Wie viele professionelle Trader gibt es in Österreich?

Das kann ich ihnen nicht sagen. Denn die, die privat davon leben, traden sehr still und leise. Der Job ist in der Öffentlichkeit noch immer kein gern gesehener. Man wird als Zocker verschrien.

Wie kommt das?

Die Leute beschäftigen sich nicht mit dem, was wirklich hinter Trading steht. Würden sie das tun, wüssten sie, dass das keine Zockerei ist, sondern Arbeit. Sonst könnte man ja auch ins Casino gehen. Viele verheimlichen es auch ihrem Umfeld, dass sie traden, denn sobald man erfolgreich ist, kommen Freunde und Bekannte und wollen ihr Geld auch angelegt haben. Aus diesem Grund halten sich viele sehr bedeckt. In Österreich ist die Szene generell noch nicht so groß. Wenn man sich den deutschsprachigen Raum anschaut, ist Deutschland der Vorreiter in Sachen Trading.

Anders als in Amerika...

In den USA ist man wie ein Rockstar, wenn man sagt ich lebe vom Traden. Da hat es einfach einen ganz anderen Stellenwert. Wall Street und der Traum vom großen Geld an den Börsen, dafür schämt man sich nicht.

Woher kommt das?

Natürlich spielt der Neid in Österreich eine gewisse Rolle. Aber die Denkweise in den USA ist einfach ganz anders. Die wissen, dass man, wenn man erfolgreich sein will, einen weiten Weg vor sich hat. Hier stellt man sich, man sitzt einfach Zuhause, drückt ein paar Knöpfe und zockt an der Börse. Während die Leute in den USA wissen, dass das anders ist. Das Image eines Investmenbankers oder Vermögensverwalters wird dort auch anders verkauft. Dort kann es praktisch jeder schaffen, wenn er den Weg konsequent verfolgt. Da verwundert es auch nicht, dass die Top-Uniabsolventen einen Job bei den großen Investmentbanken wollen.

2005 haben Sie privat mit dem Daytrading angefangen. 2011 haben Sie es dann professionell betrieben. Was hat sie zu dem Schritt veranlasst?

Bei meinem vorherigen Job war ich viel auf Reisen, hatte einen Vorgesetzten, viele Dinge sind nicht so gelaufen, wie ich es wollte, auch wenn ich sehr gut verdient habe. Ich habe dann entschieden, dass ich mich selbstständig und nicht abhängig von jemanden machen will. Und da liegt der riesen Vorteil im Trading: Ich kann überall auf der Welt handeln und alles was ich dazu brauche, ist eigentlich nur einen Laptop und Internet. Natürlich bin ich nicht komplett unabhängig, es gibt ja schließlich noch Handelszeiten, da muss man einfach am Rechner sein. Aber es ist etwas anderes zu einem klassischen Bürojob.

Daytrader - was ist das überhaupt?

In letzter Zeit ist es eher ein Medienwort geworden. Daytrader, da glauben die Leute, die gehen am Tag schnell rein und schnell wieder raus aus dem Markt, ganz salopp gesagt. Will heißen, sie glauben, ich eröffne jetzt kurzfristig eine Position und steige dann schnell wieder aus - praktisch ohne Risiko eine Position über Nacht halten zu müssen und auch sonst wenig Schwankungen ausgesetzt zu sein. Ein Daytrader muss aber den ganzen Tag praktisch Zeit haben um in dieses kleine Zeitfenster, wo gerade Bewegung ist, hineinzukommen. 

Während man, wenn man auf größere Zeiteinheiten geht(wie Tag oder Stundenchart), relativ entspannt die Trades einlösen kann ohne die ganze Zeit am Rechner zu sein. Wir nennen das Trendgrößen.

Wie darf ich das verstehen?

Wenn ich den ganzen Tag Zeit habe, ist die Chance, dass sich der Markt bewegt natürlich größer. Wenn ich jetzt aber um sieben nach der Arbeit nach Hause komme, und noch die drei Stunden, die der US-Markt offen hat, versuche irgendwie reinzukommen, setze ich mir eine kleinere Zeitspanne um mein Geld zu investieren.

Es braucht demnach Bewegung an den Börsen, um mit kurzfristigen Finanzwetten Geld zu verdienen. Wie sieht denn ein Arbeitsalltag eines professionellen Traders aus?

Die europäischen Börsen machen um neun auf, das heißt ich versuche, dass ich vor neun vor dem Rechner bin und mir die News ansehe und meine Werte screene. Wenn ich beispielsweise weiß, dass die EZB einen Bericht vorlegt, kann ich davon ausgehen, dass ich am Tag davor nicht handeln sollte, weil der Markt abwarten wird.

Was versteht man unter Screening?

Screening ist die Hauptaufgabe eines Traders. Das heißt die Märkte durchzugehen und nach Setups zu suchen und diese zu ordnen. Dabei fragt man sich: Wo sind meine Setups, wie steht der Markt. Das sollte dann mit den Nachrichten, der allgemeinen Marktlage und Unternehmensberichten kombiniert werden. Man darf nicht planlos reinhandeln, wenn ein Unternehmen einen Bericht veröffentlicht. Bewegungen passieren vor allem in der Nacht und dann haben sie einen Gap, das heißt eine Kurslücke gegen sich und das kann sehr böse enden.

Die europäische Handelszeiten sind von 9-11 Uhr, dann machen wir eigentlich Pause und sind dann gegen 15 Uhr wieder online, wenn der US-Markt aufmacht. Zwischen 15:30-17:30 Uhr sind die Haupthandelszeiten, weil da beide Märkte offen sind. Dann beruhigt es sich wieder ein bisschen. Theoretisch kann man sagen, man hat einen Fünf-Stunden-Tag.

Das klingt aber sehr entspannt…

Ich sage immer "es ist die schwerste Art leicht Geld zu verdienen". Man braucht Zeit um dahin zu kommen, bis man die Technik so beherrscht, das man dann auch, und das ist der wesentliche Punkt, psychologisch, diese Festigung hat, an den Märkten handeln zu können oder auch zu wissen, wann man nicht handeln sollte. Das ist eigentlich der wichtigere Teil.

Disziplin, Hartnäckigkeit, was braucht es sonst noch, um ein erfolgreicher Trader zu werden?

Abgesehen von der Ausbildung brauchen Sie die Disziplin und das, was ihnen keiner direkt vermitteln kann, die psychologische Festigkeit. Wenn Sie den professionellen Tradern beim traden zusehen, erkennen Sie nie, ob die jetzt Geld verdient oder verloren haben. Und das ist das, was es braucht zum traden: Man darf keine Emotionen haben. Weil dann macht man Fehler. Und ein Fehler wäre nach Meinungen zu handeln und nicht nach Setups.

Setups sind gewissermaßen eine Art von Bedienungsanleitungen. Charts werden vom Trader auf vorher definierte Muster analysiert.

Richtig. Wir folgen einem Trend. Das heißt, wenn wir uns eine Aktie raussuchen, handeln wir die aus einer Korrektur. Korrektur bedeutet, eine Aktie ist beispielsweise nach oben gelaufen und irgendwann korrigiert das auch. Denn Menschen oder Unternehmen die diese Aktie besitzen, wollen ihre Gewinne auch mitnehmen, dann geht die Aktie auch wieder nach unten, das heißt, das ist die Korrektur und wir versuchen unten, so günstig wie möglich, aus dieser Korrektur wieder einzusteigen. 

Keine Emotionen - Sind Roboter demnach die besseren Trader?

Nein. Es gibt zwar viele Softwareprogramme, die sie sich kaufen können. Aber die können niemals das gesamte am Markt zusammenfassen. Ich sitze auch manchmal da und mache Trades aufgrund eines Gefühls. Das ist der Tatsache geschuldet, dass ich dieses Bild am Markt schon öfters gesehen habe und glaube, so etwas könnte wieder passieren. Aber Emotionen im Sinne von traurig, aggressiv, was vielen am Anfang passiert, das muss man vermeiden.

Gehen wir zurück auf Start. Angenommen ich möchte ins Tradinggeschäft einsteigen, wie viel Geld sollte ich einplanen?

Das kommt darauf an, ob Sie üben oder es professionell betreiben wollen. Um zu üben sollte man mindestens 1000 bis 2000 Euro auf dem Konto haben. Damit können Sie Trades dann real umsetzen und auch gleich lernen, mit den Emotionen umzugehen. Ein kleines Konto kann man relativ einfach handeln.  Größere Summen in den Markt zu bekommen, das ist dann die Schwierigkeit. Wenn ich eine Millionen habe, ist es nicht unbedingt leichter die auf den Markt zu bringen.

Wenn Sie davon leben möchten, müssen sie Kapital zur Seite legen, dass Sie für ihre Fixkosten reservieren. Es gibt Phasen am Markt, wo Sie kein Geld verdienen können, weil der Markt seitwärts läuft. Wie beispielsweise im letzten Sommer; da hatte der Markt eine Range von 400-500 Punkten, das ist zu wenig. Mit unter 50.000 Euro davon leben zu wollen, das ist nicht realistisch.

Wie viel Zeit sollte ich einplanen?

Am Anfang sollte man nicht mehr als vier Stunden am Tag am Rechner sitzen.

Welche Finanzprodukte eigenen sich?

Es gibt ein paar Produkte, die man als Anfänger nicht anfassen sollte. Weil sie sehr viel kosten und riskant sind. Das sind Futures zum Besipiel Indexe. Die sind sehr teuer. Beispielsweise der Dax. Der kostet Sie 25 Euro pro Punkt. Wenn Sie zwei Kontakte nehmen und das läuft gegen Sie.  dann können Sie sich ausrechnen: Jeder Punkt mal zwei; das summiert sich schon. Der Dax ist sehr volatil da kann es passieren, dass mal 20-30 Punkte in der Sekunde gegen Sie laufen.

Wir empfehlen Forex (Handel an den internationalen Devisenmärkten, Anm. der Redaktion). Das ist am sichersten für den Anfänger, da diese 24 Stunden laufen und man nicht so nervös sein muss, wenn es mal über Nacht liegt.

Was ist mit Aktien?

Aktien direkt zu handeln, ob Profi oder Anfänger, das würde ich nur machen, wenn man das Konto dazu hat. Zudem würde ich auf Pennystocks verzichten, das ist Gezocke.
Optionsschein, Knock-out-Scheine all diese Produkte  traden wir nicht. Man sollte das handeln, was direkt an der Börse ist, wo sie nicht abhängig sind vom Emittenten, von einem Broker oder der Bank.

Und Rohstoffe?

Ich bin bei uns eigentlich der Ölexperte, aber selbst ich handele Öl sehr selten. Weil es einfach ein sehr politisches getriebenes Produkt ist. Und das sehr gefährlich ist. Weil dann Setups auch komplett unnötig sind. Wenn die OPEC zusammensitzt, braucht man gar nicht den Chart anschauen, weil dann hängt es von der OPEC Entscheidung ab. Öl war bei 150 schon und wir waren auch schon bei 26 also die Bewegungen sind sehr extrem.

Wann kann ich vom ersten Erfolg sprechen?

Wenn Sie über 50 Prozent Trefferquote kommen. Nach drei bis vier Monaten ist es meistens soweit, dass man immer mehr positive Trades verzeichnet.

Lösen Trades bei ihnen eigentlich noch einen Nervenkitzel aus?

Jetzt kaum mehr. Es ist relativ entspannt, wenn ich alleine bin. Dann lese ich auch mal ein Buch, wenn ich am Markt bin. Ich hab relativ viel Zeit zum Lesen. Bei Anfängern ist das was anderes, da schaut man immer wieder aufs Handy, auf die Kurse, denkt sich, hoffentlich geht das gut. Wenn sie irgendwann mal den Weg des Profis gehen, dann ist der komplett emotionslos. Muss er auch sein. 

Was lesen Sie aktuell für ein Buch?

John le Carré "Der ewige Gärntner", etwas was gar nichts mit Trading zu tun hat.

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