Jetzt geht die finanzielle Repression richtig los

Eurogeldscheine in Geldtasche
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Die stark steigende Inflation wird in den nächsten drei Jahren aus 100.000 Euro real 95.000 Euro machen.

Für Sparer und Staatsanleihenbesitzer wird es erst heuer so richtig heftig: Der Ölpreisanstieg lässt die Inflationsraten überall in der Eurozone in die Nähe des von der EZB so heiß ersehnten Zielwerts von zwei Prozent springen. Aber die Zinsen bleiben weiter in der Gegend von null oder knapp darüber.

Für Österreich, wo die Teuerung in den vergangenen Jahren immer deutlich über dem Euroländerschnitt lag, erwartet die Nationalbank heuer 1,5 Prozent, im kommenden Jahr 1,7 und 2019 schon 1,8 Prozent Inflation. Wahrscheinlich werden die Raten sogar höher liegen, die Notenbank ist mit ihren Schätzungen immer sehr vorsichtig.

Wer sein Geld unverzinst liegen lässt, wird in diesen drei Jahren aus 100.000 Euro real 95.080 Euro gemacht haben. Ungebundene Sparguthaben liegen nach Steuern nur minimal über null. Das traditionelle „Büchel“ wird also zur Geldvernichtungsmaschine. Die finanzielle Repression beißt neuerdings überaus kräftig zu.

Um diese 100.000 Euro Kapital auch nur unverzinst zu erhalten, müssen sie in den kommenden drei Jahren also mehr als 5000 Euro Ertrag abwerfen. Das wird mit Sparprodukten, aber auch mit Staatsanleihen schwer möglich sein, wenngleich die Anleiherenditen zuletzt auch deutlich angezogen haben.

Der Schlüssel liegt aber bei der EZB. Sie müsste, um ihrem Stabilitätsauftrag zu genügen, jetzt sukzessive beginnen, den Leitzins hochzufahren und ihre Geldflutung zu beenden. Dazu macht sie aber keine Anstalten, und sie wird sich auch hüten, das so schnell zu tun. Der Grund liegt in der sehr hohen Verschuldung einiger Euroländer. Um die rund fünf Prozent, um die die Spareinlagen in den kommenden drei Jahren real entwertet werden, sinkt nämlich auch die reale Staatsschuld. Und die Zinszahlungen der finanzklammen Staaten werden deutlich erleichtert.

Kritisch ist das vor allem für einige südeuropäische Wackelkandidaten, besonders für Italien. Würde die EZB ihren Leitzins um drei Prozent anheben (was historisch noch immer ein sehr niedriger Wert wäre), würden sich die italienischen Zinszahlungen beispielsweise um 70 Mrd. Euro im Jahr erhöhen.

Die EZB hat also die Wahl, die Inflation davonziehen zu lassen oder mit einem Anziehen der Zinsschraube Staatsbankrotte zu riskieren. Sie wird vorerst den ersteren Weg wählen. Die Rechnung zahlen die Halter von Zinsprodukten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2017)

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