Marktmissbrauch: Mehr Meldungen

Finanzmarktaufsicht
Finanzmarktaufsicht (c) Clemens Fabry
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Die Finanzmarktaufsicht ortete in den vergangenen Jahren eine Zunahme bei steuerschonenden und unerlaubten Deals. Eine neue EU-Verordnung macht hohe Strafen möglich.

Wien. Marktmissbrauch ist kein Kavaliersdelikt, sondern gegen das Gesetz. Einige Anleger hat das in den vergangenen Jahren jedoch nicht davon abgehalten, illegale Transaktionen zu tätigen.
Um Marktmissbrauch vorzubeugen, werden Börsen und Händler dazu angehalten, Auffälligkeiten zu melden. Hier kommt die Finanzmarktaufsicht (FMA) ins Spiel. Deren Vorstände berichteten am gestrigen Mittwoch im Klub der Wirtschaftspublizisten, dass die Zahl der Verdachtsmeldungen in Sachen Marktmissbrauch zwischen 2014 und 2016 „massiv“ gestiegen sei. Und zwar von 36 auf 64, sagt FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller. Ein wesentlicher Teil dieser Transaktionen sei auf sogenanntes Crossing zurückzuführen.

Ein Thema, das mit der Besteuerung von Aktienkursgewinnen aufgekommen sei. Anleger kaufen und verkaufen dabei im selben Augenblick ein und dasselbe Wertpapier, um einen Kursverlust darzustellen, den sie steuerlich geltend machen wollen. „Das ist eindeutig verboten“, so Kumpfmüller. Es gebe jedoch viele Privatkunden, die derlei Geschäfte tätigen, auch, weil sie etwa schlecht beraten wurden.

Anleger haben (ganz legal) die Möglichkeit, Kursgewinne mit Verlusten binnen eines Kalenderjahres gegenzurechnen. Seit 2013 erfolgt der Verlustausgleich automatisch, allerdings nur dann, wenn das Depot bei der gleichen Bank ist.

Von den 82 seit 2011 eingeleiteten Verfahren wegen Marktmanipulation wurden demnach 27 eingestellt, 43 endeten in erster Instanz mit einer Strafe. 90 Prozent der Verwaltungsstrafen seien rechtskräftig geworden. Die höchste verhängte Strafe lag bei 100.000 Euro, im Schnitt machte sie 16.000 Euro aus.

Auch im Zusammenhang mit der Verletzung von Ad-hoc-Pflichten kam es zu Bußgeldzahlungen, die zwischen 2011 und 2016 im Schnitt 28.000 Euro ausmachten.

Neue Regeln im Dritten Markt

Im Vorjahr ist zudem ein verschärftes Regelwerk in Sachen Marktmissbrauch in Kraft getreten, das ein neues Sanktionsregime mit sich gebracht hat, wie es Kumpfmüller formuliert. Lag die Bandbreite der Strafen in Europa früher zwischen 1200 Euro und 25 Millionen Euro, wurde dies nun vereinheitlicht.

Mit einer Verwaltungsstrafe ist nun zu rechnen, wenn es um weniger als eine Million Euro an eingesetztem Kapital geht. Alles darüber hinaus „geht zu den Strafgerichten“, so Kumpfmüller.

Insiderhandel und Markmanipulation (natürliche Personen) können nun mit bis zu fünf Millionen Euro geahndet werden. Geht es um die Verletzung von Ad-hoc-Pflichten, können bis zu eine Million Euro fällig werden. Auch strafrechtlich sind die Folgen bei Missbrauch von Insiderinformationen oder Marktmanipulation nicht ganz ohne: Es drohen Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren.
Neu hinzu kam bei der Verordnung, dass nun auch Emittenten im sogenannten Dritten Markt der Wiener Börse dazu verpflichtet sind, Ad-hoc-Regeln einzuhalten und Directors Dealings (Wertpapiergeschäfte des Managements) zu melden. Betroffen davon sind rund 25 Unternehmen.

Seit dem Jahr 2014 engagiert sich die Finanzmarktaufsicht auch in Sachen Whistleblowing. Hinweisgeber haben hier über eine Plattform die Möglichkeit, Missstände oder Verstöße anonym zu melden. 2016 gingen 177 Meldungen ein. Die Qualität der Hinweise sei in den vergangenen Jahren gestiegen, sagt FMA-Vorstand Helmut Ettl. Auch würden inzwischen zwei Drittel der Meldungen tatsächlich die Aufsichtsbehörde tangieren. (nst)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2017)

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