Mario Draghi wehrt sich gegen Kritik

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170119 FRANKFURT Jan 19 2017 European Central Bank ECB President Mario Draghi attends a(c) imago/Xinhua (imago stock&people)
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Die EZB ändert nichts an den Zinsen und ihrem Fahrplan. Notenbankchef Mario Draghi traut den Inflationsraten noch nicht. Seine Kritiker aus Deutschland mahnt er zu mehr Geduld.

Frankfurt/Wien. Die Europäische Zentralbank kann eigentlich zufrieden sein: Die Inflation zieht in der Eurozone wieder an. Die Gefahr einer Deflation scheint gebannt. Aber EZB-Präsident Mario Draghi blieb bei der Pressekonferenz nach der Zinssitzung am Donnerstag dennoch lieber skeptisch. Noch fehle es ihm an Anzeichen für einen fundamentalen Trend bei den Teuerungsdaten. Zwar geht auch der Italiener von weiter steigenden Inflationsraten in der Eurozone aus, aber dafür würden vor allem die Energiepreise sorgen, so Draghi.

Ergebnis: Die EZB belässt die Zinsen wie erwartet bei 0,0 Prozent und gibt einen lockeren Ausblick für die Geldpolitik. Die Zinsen würden noch lang niedrig bleiben, so Draghi. Die Anleihenkäufe, mit denen die EZB Geld in den Markt pumpt, sollen noch bis Ende 2017 laufen. Sie werden ab April aber von 80 Mrd. Euro auf 60 Mrd. pro Monat reduziert. Diese Pläne waren bereits bekannt. Ein zusätzliches Abschmelzen der Käufe wurde am Donnerstag nicht diskutiert, so Draghi.

Für den EZB-Chef gilt: Die EZB müsse weiter in „sehr substanziellem Maße“ die Konjunktur geldpolitisch stimulieren, um mittelfristig für den gewünschten Preisauftrieb zu sorgen. Die Inflation zog im Dezember auf 1,1 Prozent an, nachdem sie im November noch bei 0,6 Prozent gelegen war.

Kritik von Schäuble

Für 2017 erwartet die EZB 1,3 Prozent. Die von der EZB als Idealziel definierte Marke von knapp unter zwei Prozent liegt aber noch in der Ferne. Unklar ist auch, ob die Notenbanker sofort an der Zinsschraube drehen, wenn dieser Wert erreicht ist. Längst wird in Notenbankkreisen darüber diskutiert, die Inflation eine Zeit lang überschießen zu lassen. Denn: „Wir wissen alle, dass die Inflationshochs nur vorübergehend sind. Wichtig ist, dass die Konjunkturerholung weitergeht und die Kerninflation ohne Energiepreise in Richtung Normalwerte steigt. Angesichts der politischen Unsicherheiten und schwacher Banken in Europa ist das keinesfalls garantiert“, sagt Jörg Zauner, der Chefvolkswirt der Bankengruppe KfW.

Aus Deutschland kam zuletzt aber auch sehr deutliche Kritik am Kurs von EZB und Mario Draghi. „Es wäre besser, den Umfang der Käufe ab April Monat für Monat um zehn Milliarden Euro zu senken. Denn nach Einschätzung des IFO-Instituts wird die Euro-Inflationsrate 2017 auf eine Jahresrate von 1,5 Prozent steigen. Das ist nahe dran an den knapp unter zwei Prozent, die die EZB anstrebt. Das Argument der EZB für die Anleihekäufe wird also schwächer“, sagt Clemens Fuest, der Präsident des Münchner IFO-Instituts.

„Im Interesse Deutschlands“

Auch der deutsche Bundesfinanzminister, Wolfgang Schäuble, hatte zuletzt erneut eine Abkehr von der Politik des billigen Geldes gefordert. Einer der Gründe: Die Inflation war in Deutschland im Dezember auf 1,7 Prozent geklettert und damit auf den höchsten Stand seit drei Jahren.

Draghi wies diese Kritik aus Deutschland am Donnerstag aber zurück. Er verweist auf seine Verantwortung für die ganze Eurozone. „Niedrige Raten sind jetzt erforderlich, um in der Zukunft höhere zu haben“, sagte der Italiener in Frankfurt.

„Die Erholung der gesamten Eurozone liegt im Interesse aller, auch von Deutschland.“ Von der Politik der Zentralbank würden am Ende nicht nur die deutschen Sparer profitieren, sondern auch Kreditnehmer, Unternehmensgründer und Arbeitnehmer. „Wir müssen geduldig sein“, so Draghi. „Wenn die Erholung sich festigt, dann werden die Zinsen nach oben gehen.“ (jil/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2017)

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