Zinsen bleiben trotz Inflationsschubs niedrig

Europäische Zentralbank
Europäische ZentralbankAPA/dpa/Boris Roessler
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Während die USA vor einer Leitzinserhöhung stehen, muss Europa mit Nullzinsen bei steigender Inflation leben.

In der vorigen Woche hat das EU-Statistikamt Eurostat eine bemerkenswerte Zahl veröffentlicht: Die Inflation in der Eurozone liegt nun bei zwei Prozent – und damit exakt auf dem Wert, mit dem die Europäische Zentralbank (EZB) Preisstabilität definiert. In wichtigen Volkswirtschaften liegt die Teuerung sogar schon darüber. In Deutschland etwa bei 2,2 Prozent.

Ihrem Regelwerk folgend müsste die Euro-Notenbank jetzt handeln und ihre Nullzinspolitik umgehend beenden. Das kann sie aber nicht, weil ihre südeuropäischen Wackelkandidaten Italien und Griechenland selbst bei kleinen Zinserhöhungen sehr schnell ins Schleudern kämen.

Wir haben jetzt also die für nicht verschuldete Europäer ziemlich unangenehme Situation, dass die Inflation lang vor den Zinsen wiederkommt. Und dass die Euro-Notenbank lieber die Teuerung davonziehen lassen will, als ihre kränkelnden Club-Med-Mitglieder aufs Glatteis zu führen. Denn aus dem Frankfurter EZB-Turm kommen Signale, dass man an der Nullzinspolitik noch viele Monate, vielleicht sogar mehrere Jahre festhalten wolle.

Statt die Zinsen zu erhöhen, beginnt man in Frankfurt nun, die Inflation kleinzureden. Die Preissteigerungen seien überwiegend durch Energie- und Nahrungsmittel verursacht. Die sogenannte Kerninflation ohne diese beiden Preistreiber (wer braucht schon Energie und Nahrungsmittel, nicht wahr?) liege mit 0,9 Prozent noch weit vom Stabilitätsziel entfernt. Alles easy also und kein Handlungsbedarf.

Für Anleger, die Zinsprodukte bevorzugen, sieht die nahe Zukunft also anhaltend trist aus. Sie müssen sich wohl auch in den nächsten Monaten mit herben Kapitalverlusten abfinden.

Außer sie positionieren sich rechtzeitig im US-Markt. Denn dort stehen die Zeichen derzeit eindeutig auf höhere Zinsen. Wie es aussieht, wird die US-Notenbank Fed schon bei ihrer nächsten Offenmarktsitzung in eineinhalb Wochen den nächsten, wenn auch kleinen Zinsschritt setzen.

Das wird den Europäern, die rechtzeitig an Bord sind, mit Sicherheit auch kleine Währungsgewinne bescheren. Denn: Wenn die Zinsschere zwischen Europa und den USA aufgeht, dann wird Anlegergeld vermehrt über den Atlantik fließen. Und das wird den Aufwertungsdruck auf den Dollar wohl deutlich erhöhen. Die Dollar-Euro-Parität rückt also näher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2017)

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