Droht Blasenbildung? Europas Immobilienmarkt im Umbruch

Symbolbild Baustelle
Symbolbild Baustelle(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Der rasante Preisanstieg bei Deutschlands Wohnimmobilien – vor allem in den boomenden Großstädten – wird zunehmend mit Sorge gesehen. Florian Rainer vom European Real Estate Fund der Wiener Privatbank ortet anderswo bessere Chancen.

Wien. Groß war der Aufschrei Anfang März in Deutschlands Kreditwirtschaft, als die geplanten gesetzlichen Eingriffsrechte gegen eine drohende Immobilienblase bekannt wurden. Künftig soll die BaFin – die deutsche Finanzaufsichtsbehörde – mit neuen Maßnahmen rasch eingreifen können. Etwa, indem sie notfalls höhere Hürden für neue Wohnkredite einführt.

Dennoch zeigte sich jüngst auch die Deutsche Bundesbank in ihrem Februarbericht besorgt über die teils extremen Preissteigerungen bei Wohnimmobilien. Die Übertreibungen in den Städten, heißt es in dem Bericht, betrugen im vergangenen Jahr zwischen 15 und 30 Prozent. Und das vor allem bei Eigentumswohnungen in Großstädten wie Berlin, München oder Köln. Selbst der Verband des Zentralen Immobilienausschusses stellte Mitte Februar fest, dass in den größten deutschen Städten ein Ende des jahrelangen Mietanstiegs mittlerweile in Sicht sei.

An dem Preisboom haben freilich einige Immobilienunternehmen – und deren Anleger an der Börse – kräftig mitverdient. Nun sei aber Vorsicht angebracht, meint Florian Rainer, Fondsmanager des European Property Fund der Wiener Privatbank. Zuletzt hat die börsennotierte Gesellschaft Deutsche Wohnen 3900 Wohneinheiten in Berlin gekauft. Und zwar für 2390 Euro pro Quadratmeter, während die durchschnittliche monatliche Vertragsmiete derzeit bei 6,92 Euro pro Quadratmeter liegt.

Kleinere Städte attraktiver?

„Damit ist der Kaufpreis zu hoch, selbst wenn der Konzern davon ausgeht, die Mieten anheben zu können“, gibt Rainer zu bedenken. Vorsichtig ist der Marktexperte auch bei dem größeren Mitwerber Vonovia. Denn ein vernünftiges Wachstum könne ein Konzern dieser Größe nur noch mit Übernahmen erzielen. Tatsächlich hat Vonovia erst vor wenigen Monaten die österreichische Conwert übernommen.

Die besseren Chancen wittert Rainer bei Wohnimmobilien in kleineren Städten – dort gebe es ein lukratives Preissteigerungspotenzial. „Statistiken zeigen einen anhaltenden Zuzug in deutsche Städte, davon profitieren nicht nur die großen Metropolen“, betont Rainer. Er verweist auf die Adler Real Estate, einen seiner Portfoliobestände: Das Unternehmen kaufte Anfang März fast 700 Wohneinheiten im Einzugsgebiet von Bremen – zu einer aktuellen Mietrendite von rund sechs Prozent. Das sei attraktiv, meint Rainer, auch im Hinblick auf etwaige Zinsanhebungen.

Die größten Chancen räumt Rainer derzeit aber den heimischen Konzernen S-Immo, CA-Immo und Immofinanz ein. Nicht ohne Grund handelt es sich dabei um die drei größten Positionen in seinem Fonds.

Diese Aktien haben unter der allgemeinen Flaute an der Wiener Börse gelitten – zumindest bis vergangenen Sommer. Zudem haben die heimischen Branchenmitbewerber größere gewerbliche Immobilienbestände in Osteuropa, auch um diese Region hatten Anleger in den vergangenen Jahren einen Bogen gemacht.

Heimische Titel sind noch billig

Doch die Stimmung hellt sich allmählich auf: „Das Wirtschaftswachstum zieht in der CEE-Region wieder an“, sagt Rainer. Und damit steigt auch die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien – etwa Büros, Einkaufszentren oder Lagerhallen. Für Investoren wird das umso interessanter, wenn es die Börse noch nicht honoriert hat. Das lässt sich anhand fachspezifischer Börsenkennzahlen ablesen. Noch immer notieren die Kurse der heimischen Immobilienkonzerne nämlich unter ihrem sogenannten NAV. Der Net Asset Value, oder Nettoinventarwert, ist der Wert der Immobilienbestände im Portfolio, erklärt Rainer. Ein Direktkauf der Immobilien würde in diesem Fall also mehr kosten, als wenn man auf Umwegen in sie investiert, indem man die Unternehmensaktien kauft.

Womit auch das Thema Übernahmen wieder ins Spiel kommen könnte: „Gerade im gewerblichen Bereich würde sicher der eine oder andere heimische Wert gut zu einem deutschen Mitspieler passen“, meint Rainer und stellt Namen wie Alstria Office, WCM oder Hamborner REIT in den Raum. Gibt es Übernahmefantasien, treibt das tendenziell ebenfalls die Aktienkurse hoch. Für all das hat sich der Fondsmanager schon gut gewappnet.

AUF EINEN BLICK

Am Immobilienboom in Deutschland haben auch Anleger durch Investments in Immobiliengesellschaften mitverdient. Florian Rainer, Fondsmanager des European Property Fund der Wiener Privatbank, rät jedoch zur Vorsicht, vor allem bei den großen Playern. Positiv gestimmt ist er für Unternehmen, die sich auf kleinere Städte fokussieren – vor allem aber für die heimischen Titel S-Immo, CA-Immo und Immofinanz. Ihnen räumt er die größten Chancen ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Mein Geld

Immobilien: Das Risiko steigt

Ein Drittel der Experten sieht eine Blasenbildung bei Wohnimmobilien.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.