Börsen-Rekordhochs: Die Hintergründe der „Trump-Rallye“

Die Bullen geben derzeit an den Börsen den Ton an.
Die Bullen geben derzeit an den Börsen den Ton an.(c) REUTERS (Lucas Jackson)
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Unter Donald Trump haben die Börsen zu einem Höhenflug angesetzt. Die Ursache liegt aber nicht bei Trump.

Wien. War das wirklich Donald Trumps Verdienst? Zwei Jahre lang war der US-Leitindex Dow Jones kaum vom Fleck gekommen und hatte sich nie lange über 18.000 Punkten halten können. Dann gewann Trump am 8. November des Vorjahres die Präsidentenwahl, und der Dow Jones erklomm binnen vier Monaten die Marken von 19.000, 20.000 und 21.000 Punkten. Seit der Wahl hat er um 18 Prozent, seit Trumps Amtsantritt im Jänner um neun Prozent zugelegt.

Doch auch in Europa, Japan und den Schwellenländern kletterten die Kurse in die Höhe. Plötzlich war von einer „Trump-Rallye“ die Rede, nachdem die meisten Marktteilnehmer zuvor im Fall eines Wahlsiegs des Immobilien-Tycoons mit heftigen Kurskapriolen gerechnet hatten. Dann schlug die Stimmung um. Eine Erklärung war, dass die Investoren nur jene Ankündigungen hören wollten, die ihnen gefielen (Steuererleichterungen), und jene ausblendeten, die wirtschaftshemmend wären (Handelseinschränkungen). Die meisten Ankündigungen harren indes ihrer Umsetzung, der Börsenrallye hat das keinen Abbruch getan.

Börsen steigen, weil Konjunktur boomt

Die „Trump-Rallye“ habe nämlich mit Trump gar nichts zu tun, glauben die meisten Analysten. Die Börsen steigen, weil die meisten Indikatoren auf eine Wirtschaftserholung hinweisen – und zwar weltweit. Während die USA bereits in einer Spätphase des Aufschwungs seien, komme dieser in Europa erst so richtig in Gang.

So meinten die Experten der Allianz Invest kürzlich bei der Präsentation ihres Halbjahresausblicks, die globale Wachstumsbeschleunigung werde von allen Regionen getragen und sei so stark wie zuletzt 2013. Nur für die USA habe man die Prognose etwas zurückgenommen, nachdem die Trump-Regierung die hohen Erwartungen an ihre Konjunkturmaßnahmen nicht erfüllt habe. Europa habe dagegen positiv überrascht. Wie die Allianz Invest raten die meisten Analysehäuser grundsätzlich zu Aktien, warnen aber, dass bei US–Werten Vorsicht geboten sei. Schuld daran ist wiederum nicht Trump, sondern die Tatsache, dass die Bewertungen in den USA besonders deutlich über dem historischen Schnitt liegen.

Dollar gab überraschend nach

Die starken Börsen waren nicht die einzige Überraschung unter Trump: Auch mit der Dollarschwäche hatte kaum jemand gerechnet. Immerhin hat die US–Notenbank Fed bereits begonnen, die Zinsen zu erhöhen. Da die Europäische Zentralbank (EZB) nach wie vor eine lockere Geldpolitik fährt, schien es näherliegend, dass der Dollar zum Euro weiter steigen würde. Das tat er nach der Trump-Wahl zunächst auch. Doch dann drehte er. Seit Jahresbeginn hat die US-Währung zum Euro neun Prozent verloren.

Die Gründe liegen weniger in der tatsächlichen Geldpolitik der Notenbanken als in der Erwartung an ihre künftige Politik. Da sich die Wirtschaft in der Eurozone stark erholt, rechnen viele Marktteilnehmer nun damit, dass die EZB nächstes Jahr ihre Anleihekäufe weiter herunterfahren wird (derzeit kauft sie Papiere im Wert von 60 Mrd. Euro im Monat). Eine baldige Zinserhöhung erwartet kaum jemand, doch allein die Aussicht auf einen schwächer tröpfelnden Geldhahn hat den Euro in den vergangenen Monaten steigen lassen.

Hingegen rechnet der Markt damit, dass die USA behutsamer bei weiteren Zinserhöhungen vorgehen werden als ursprünglich gedacht. Das schwächt den Dollar. Zu Unrecht, meint die Bank Gutmann in ihrem jüngsten Quartalsrückblick: „Die erwähnte Marktmeinung bezüglich zukünftiger Geldpolitik hat wohl auch dazu beigetragen, dass der US-Dollar im Vergleich zum Euro zuletzt schwächer geworden ist. Sollte sich unsere Meinung allerdings als korrekt erweisen, würde das für einen neuerlich stärkeren US-Dollar in der zweiten Jahreshälfte sprechen.“

Die Gutmann-Experten rechnen mit einer weiteren Anhebung in diesem Jahr und drei Schritten in nächsten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2017)

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