„Schwarzer Tag für die Aktienkultur“

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Die Mehrheit der RHI-Aktionäre hat die Übernahme der Magnesita genehmigt. Anfechtungsklagen sind wahrscheinlich – diese könnten den Kauf blockieren.

Wien. Die Strategie war schnell durchschaut: Zweieinhalb Stunden erläutern Wolfgang Ruttenstorfer, Vizeaufsichtsratschef des Feuerfestkonzerns RHI, Konzernchef Stefan Borgas und Finanzvorständin Barbara Potisk-Eibensteiner wort- und detailverliebt die geplante Übernahme des brasilianischen Konkurrenten Magnesita. Die Kartellwächter der USA, Brasiliens und der EU (Letztere mit Auflagen) haben den Deal schon genehmigt. An diesem Freitag geht es in der außerordentlichen Hauptversammlung (HV) darum, auch die Aktionäre zu überzeugen.

Sie sollen der Abspaltung der börsenotierten RHI AG mit ihrem operativen Geschäft und der Aufnahme auf die Tochter RHI Feuerfest GmbH sowie der anschließenden Verschmelzung der RHI AG auf die RHI-MAG NV mit Sitz in den Niederlanden zustimmen. Vor allem bei den Kleinanlegern regt sich seit Bekanntwerden der Kaufabsichten im Oktober 2016 große Skepsis. Wer von den 370 Anwesenden noch nicht ganz ermattet oder verwirrt ist, der ist gegen Mittag zumindest halb erfroren – sorgt doch die Klimaanlage im Austria Center für arktische Temperaturen. Weder das frostige Klima noch die Aussicht auf das Buffet kann Kleinanlegervertreter Wilhelm Rasinger beeindrucken. Vielmehr hebt der Präsident des Interessenverbands der Anleger (IVA), kaum ist die Fragerunde eröffnet, zu einem Rundumschlag an.

Seine Kritik – wie auch die anderer Aktionäre – richtet sich nicht gegen den Kauf an sich. Er prangerte das Fusionskonstrukt und dessen negative Folgen für den Wirtschaftsstandort Österreich, die Nachteile für Kleinanleger und Mitarbeiter an. Denn die Konzernzentrale ist künftig in den Niederlanden (Arnhem), die Erstnotiz erfolgt in London. In Wien gibt es nur ein Listing auf dem Dritten Markt. Seine Bemerkung „Das ist ein schwarzer Tag für die österreichische Aktienkultur“ löst viel Applaus aus.

Diesen erhält auch der streitbare Aktionär Rupert-Heinrich Staller, der Rasingers Kritik noch nachschärft. Staller hat schon bei der ordentlichen HV mit seiner Kritik am „Männerverein RHI“ (im Aufsichtsrat ist keine Frau) für Aufsehen gesorgt. Seine Anfechtungsklage wegen des mit der Wiederwahl von vier männlichen Aufsichtsräten verbundenen Verstoßes gegen die Diversitätsforderung im § 87 Abs. 2a Aktiengesetz ist auch der Grund, warum sich Aufsichtsratspräsident Herbert Cordt beim gestrigen Treffen von Ruttenstorfer vertreten lässt.

Klagen von Schlaff

Staller, der ohne Umschweife erzählt, dass ihn RHI-Großaktionär Martin Schlaff mit Klagen eindeckt („Will er mich mundtot machen?“), legt den Finger in viele Wunden. Er moniert nicht nur das komplizierte und teure Übernahmekonstrukt, den zu hohen Kaufpreis (Magnesita hat mehr als 700 Mio. Euro Schulden bei etwas über 900 Mio. Euro Umsatz) und die bei der Bewertung mit sieben Prozent angesetzte sehr hohe Risikoprämie. Er will auch wissen, warum Potisk-Eibensteiner geht, obwohl ihr Vertrag erst im April auf fünf Jahre verlängert worden ist. „Glauben Sie nicht mehr an die Übernahme?“

Als Staller die im Verschmelzungsplan vorgesehenen Unterwerfungserklärungen der RHI-AG einfordert – Voraussetzung, dass Aktionäre ein Überprüfungsverfahren des Barofferts von 26,50 Euro je Aktie anstrengen können –, wird Ruttenstorfer nervös.

Die Abstimmung nach vielen Stunden heftiger Diskussion bringt zwar die von der RHI-Spitze erwünschte Mehrheit für die Fusion. Aber Staller und Rasinger melden Widerspruch zum Protokoll an. Damit haben sie die Möglichkeit, Anfechtungsklagen gegen die Beschlüsse einzubringen – was sie auch tun dürften. Noch hat die RHI Magnesita nicht in der Tasche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2017)

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