Hypo: Auf der Suche nach dem verlorenen Geld

HYPO-ALPE-ADRIA IM FINANZMINISTERIUM:PRÖLL...                     .
HYPO-ALPE-ADRIA IM FINANZMINISTERIUM:PRÖLL... .(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (Herbert Pfarrhofer)
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Die Verhandlungen zur Rettung der angeschlagenen Kärntner Hypo Alpe Adria Bank geraten zum Wettlauf gegen die Zeit. Chronologie eines gnadenlosen Nervenkrieges.

Großes Rätselraten gestern im Wiener Finanzministerium. Kommt er? Kommt er nicht? Er - das ist der bayrische Finanzminister Georg Fahrenschon. Der war zuletzt schon reichlich ungehalten gewesen: Am Donnerstag hatte er mit seinem österreichischen Kollegen, ÖVP-Finanzminister Josef Pröll, noch ein recht freundliches Telefonat wegen der Krise der Kärntner Hypo Alpe Adria geführt. Am Freitag war dann Schluss mit den Freundlichkeiten: „Jetzt ist Zeit für konkrete Verhandlungen", polterte Fahrenschon. Er erwarte jetzt, bitteschön, endlich eine Einladung von Pröll, um die Dinge zu klären. Und ließ denn auch gleich ein geharnischtes Fax ins Wiener Finanzministerium schicken.
Pröll ließ sich dann schließlich erweichen. In der Nacht zum Samstag sprach er hochoffiziell die Einladung an Fahrenschon aus. Für Samstag, 17 Uhr. Allein, die Antwort aus Bayern blieb aus. Stundenlang. Am frühen Nachmittag dann gab es schließlich die verbindliche Zusage aus Bayern.
Psychologische Kriegsführung nennt man das. Und die beherrschen alle Beteiligten des Hypo-Debakels offenbar bestens. Seit Wochen wird darum gerungen, wer die notwendigen 1,5 Milliarden Euro zu zahlen hat, um eine Pleite des Instituts zu verhindern. Bis jetzt ergebnislos: Jeder versucht dem anderen den Schwarzen Peter zuzuschieben.
Das Land Kärnten, das etwas mehr als zwölf Prozent an der Hypo hält, versucht es seit Anbeginn der Krise mit der Strategie „Achselzucken": Man habe kein Geld, heißt es dort stereotyp, da kann man halt nichts machen. Die Grazer Wechselseitige Versicherung, die etwas mehr als 20 Prozent an dem angeschlagenen Institut besitzt, hat die Strategie „Vogel Strauß" gewählt: Sie hat sich zum Thema Hypo-Krise bis jetzt überhaupt noch nicht zu Wort gemeldet, zum Thema Finanzierung schon gar nicht.

Weihnachtsgeschenk.

Und die Bayerische Landesbank? Ihr gehören immerhin 67 Prozent an der Hypo Alpe Adria. Ganz schlecht. Also die Strategie „Trickkiste": Am Donnerstagabend wurde inoffiziell bekannt, dass sich die Bayern ein ganz besonders feines Konzept zurecht gelegt haben. Sie würden die Hypo Alpe Adria freundlicherweise am liebsten den Österreichern schenken - Weihnachten und so. Dafür müsste Österreich halt selber schauen, wie es die 1,5 Milliarden auftreibt.
Dass Pröll und Bundeskanzler Werner Faymann dieses Geschenk empört ablehnten, hat die Bayern wohl nicht sonderlich überrascht. War ja auch nur als feine Attacke in der psychologischen Kriegsführung gedacht. Und die Wirkung ist immerhin nicht ausgeblieben.
Seit jenem Donnerstagabend ist nämlich Finanzminister Pröll, der den Hypo-Eigentümern bislang die kalte Schulter gezeigt hatte, in der Causa Hypo umtriebig geworden. Offenbar ist ihm klar geworden: Der Bund, sprich: der Steuerzahler, wird zweifellos rettend einspringen müssen. Aber ohne Beiträge der Hypo-Aktionäre ist das undenkbar. Es müssen also endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden. Denn die Zeit drängt: Zwar ist theoretisch Zeit bis zum Bilanzstichtag 31. Dezember. Doch die laufende Berichterstattung über die unsichere Situation der Hypo macht offenbar die Hypo-Kunden nervös. Also war am Freitag klar: Bis zum kommenden Montag, bevor die Hypo-Schalter ausmachen, sollte tunlichst eine Lösung her.

Verhandlungen.

Am Freitagnachmittag trommelte Pröll also eine Verhandlungsrunde zusammen: Im Finanzministerium trafen sich Experten des Ministeriums und des Bundeskanzleramtes mit Vertretern der Finanzmarktaufsicht und der Nationalbank. Natürlich mit dabei: Vertreter der Hypo-Eigentümer und die Geschäftsführung des Instituts.
Bis zwei Uhr morgens wurde verhandelt. Ohne Ergebnis. Aber bei den Gesprächen Anwesende berichten, dass es zumindest kleine, schrittweise Annäherungen gegeben habe. Aber eben zu wenig, um eine Lösung proklamieren zu können. Letzter Stand: Der Bund fordert vom Land Kärnten angeblich 500 Millionen Euro Sanierungsbeitrag, die Grazer Wechselseitige soll 400 Millionen blechen. Die Bayern kämen laut Vorstellungen des Finanzministeriums auf einen Einsatz von rund einer Milliarde Euro.
Dem Vernehmen nach soll Pröll - der bei den „technischen Gesprächen" nicht anwesend war - parallel dazu die Chefs der österreichischen Großbanken massiv unter Druck gesetzt haben, um eine Art Auffanglösung nach dem Modell der Constantia Privatbank auf Schiene zu bringen. Damals hatten die Banken nolens volens als Eigentümer der von der Pleite bedrohten Bank einspringen müssen.
Die Nerven lagen am Samstag also reihum blank. Reihum? Nein, in Kärnten herrschte eitel Wonne. Während in Wien die Köpfe rauchten, wurden in Klagenfurt Geldgeschenke verteilt: Im Verwaltungsgebäude der Kärntner Landesregierung wurde der so genannte „Teuerungsausgleich" ausbezahlt. Wie schon im vergangenen Winter stellten sich tausende Bedürftige um Bares auf die Hand an. BZÖ-Landeshauptmann Gerhard Dörfler und sein Finanzlandesrat Harald Dobernig ließen es sich nicht nehmen, kameragerecht persönlich Auszahlungen vorzunehmen. Drei Millionen Euro wurden verteilt. Dann ging's wieder nach Wien zum nächsten Krisen-Gipfel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2009)

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