Nullzinsen vernichten 300 Milliarden Euro

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Trotz so gut wie keines Ertrags tragen die Privatanleger ihr Erspartes überwiegend auf die Bank. Die Österreicher sind besonders risikoscheu, zeigt eine neue Studie der Allianz. Vermögenszuwächse wurden durch die Aktienmärkte beflügelt.

Das weltweite Brutto-Geldvermögen ist im Vorjahr um 7,1 Prozent auf knapp 170 Billionen Euro angewachsen. Zu verdanken ist diese gute Entwicklung in erster Linie der Jahresendrallye an den Aktienmärkten, vor allem in den Industrieländern, geht aus dem neuen Vermögensreport der Allianz Vrsicherung hervor. Knapp 70 Prozent des Vermögenszuwachses ging 2016 auf das Konto von Wertveränderungen im Bestand, nur gut 30 Prozent entfielen auf Mittelzuflüsse.

Die Zusammensetzung der frischen Spargelder offenbart eine Überraschung: Die Privatanleger trugen zwei Drittel ihrer Ersparnisse zu den Banken – ein neuer Rekordwert angesichts von Nullzinsen. „Das Sparverhalten der Privatanleger ist weiterhin von großer Risikoscheu geprägt“, erklärt Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz. „Neue Gelder fließen hauptsächlich in Bankeinlagen, wo sie an realem Wert verlieren: Allein im letzten Jahr dürften die Sparer in den Industrieländern durch die Geldentwertung Einbußen in Höhe von rund 300 Milliarden Euro erlitten haben; 2017 dürfte sich dieser Wert mit der Rückkehr der Inflation verdoppeln“, so Heise.

Österreich auf Platz 17

Die Wachstumsbeschleunigung im vergangenen Jahr ging hauptsächlich von den Industrieländern aus. Hier hat sich die Wachstumsrate der Vermögen auf 5,2 Prozent verdoppelt, sie blieb aber dennoch unter dem globalen Trend. Spitzenreiter beim Vermögensaufbau war im Vorjahr erneut Asien (ohne Japan) mit einem Zuwachs von 15 Prozent. In der Rangliste der 20 reichsten Länder blieb Österreich wie in den Vorjahren auf Platz 17, einen Platz vor Deutschland: In Österreich wuchs das Netto-Geldvermögen (Brutto-Geldvermögen abzüglich Verbindlichkeiten) um zwei Prozent auf 51.980 Euro pro Kopf. An der Spitze kam es 2016 erstmals zu einem Wechsel: Die USA verdrängten mit einem Wert von 177.210 Euro die Schweiz (175.720 Euro) von Platz eins, auf Platz drei rangiert, mit einigem Abstand, Japan (96.890 Euro).

Einmal mehr zeigt sich, dass die Österreicher besonders konservativ sind - und damit viel Geld liegen lassen. Das Geldvermögen pro Kopf wuchs im Euroraum rund 40 Prozent schneller als in Österreich. Es ist sicher kein Zufall, dass Finnland und die Niederlande bei der Vermögensrendite am besten abschneiden: Finnland weist mit acht prozent die höchste Vermögensrendite auf, knapp vor den Niederlanden (7,6 Prozent). Grund dafür ist bei den Finnen eine hohe Wertpapierquote im Portfolio, die niederländischen Haushalte sind mit Abstand am stärksten in Pensionsfonds engagiert. Der Anteil der Bankeinlagen ist hingegen in Österreich, Deutschland und Portugal am höchsten – die Konsequenz: Nirgendwo sonst im Euroraum war die durchschnittliche Rendite des Geldvermögens niedriger als in Österreich (2,6 Prozent). „Es wird Zeit, dass Österreich ‚umspart‘“, erklärt Martin Bruckner, Chief Investment Officer der Allianz-Gruppe in Österreich. "Beim Schuldenmachen waren die Österreicher im Vorjahr vorne dabei, beim Vermögensaufbau sind sie ein Abstiegskandidat." 

41 Billionen Schulden

In der Tat stiegen die Schulden der privaten Haushalte weltweit mit 5,5 Prozent so stark wie seit 2007 nicht mehr – auf insgesamt knapp 41
Billionen Euro. Erstmals seit dem Jahr 2009 wuchsen die Schulden damit auch wieder schneller als die nominale Wirtschaftsleistung, wodurch sich die globale Schuldenstandsquote (Verbindlichkeiten in Prozent des BIP) um einen knappen Prozentpunkt auf 64,6 Prozent erhöhte.

Die Entwicklung in den einzelnen Regionen verlief dabei recht unterschiedlich: In West- und Osteuropa sowie in Nordamerika kam es – auf moderatem Niveau – zu einer leichten Beschleunigung des Schuldenwachstums. In Westeuropa befinden sich die österreichischen Haushalte (hinter Schweden, Norwegen, Finnland und Großbritannien) mit einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr um vier Prozent auf
Platz fünf. Die Schuldenstandsquote von 52,8 Prozent in Österreich ist aber immer noch die niedrigste in Westeuropa.

Chinesen sind Schuldenkaiser

Schuldenkaiser sind indes die chinesischen Haushalte mit einem Plus von über 23 Prozent. Von den weltweit knapp 41 Billionen Euro privaten Verbindlichkeiten entfällt damit bereits rund ein Fünftel auf diese Region; vor zehn Jahren lag dieser Wert noch bei unter sieben Prozent. Dieser hohe Wert macht Ökonomen weltweit Sorgen.

Die Unterschiede in der globalen Vermögensverteilung werden langsam kleiner: Die Entwicklung seit der Jahrtausendwende wird vor
allem durch ein Phänomen bestimmt: durch das stürmische Wachstum der globalen Vermögensmittelklasse. Sie hat sich von rund 450
Millionen auf über eine Milliarde Menschen mehr als verdoppelt. Die überwiegende Mehrheit der neuen Mitglieder der Mittelklasse rekrutiert sich dabei aus der Vermögensunterklasse, knapp 600 Millionen Menschen ist seit 2000 der Aufstieg gelungen. Dennoch sei die Welt jedoch noch weit von einer „gerechten“ Vermögensverteilung entfernt, heißt es in der Allianz-Studie. Die reichsten zehn Prozent der Welt vereinen 79 Prozent der Netto-Geldvermögen auf sich. Im Jahr 2000 lag diese
Vermögenskonzentration allerdings noch bei 91 Prozent.

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