Wie groß ist die Gefahr eines Börsencrashs?

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BörsenkurseAPA/AFP/BRYAN R. SMITH
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Anleger werden wegen der luftigen Aktienbewertungen zunehmend nervös, unmittelbare Gefahr droht aber nicht.

Ein bisschen gespenstisch war es schon: Im Vorfeld des 30-Jahr-Jubiläums des schwarzen Börsenmontags von 1987 häuften sich die Warnungen, dass ein ähnlicher Crash erneut vor der Tür stehe. Und pünktlich am Vorabend des 19. Oktober begannen die Kurse weltweit nachzugeben. Da hatte sich ganz offenbar reichlich Nervosität unter den Börseprofis breitgemacht. Am Freitag gab es dann freilich Entwarnung: Die Kurse stiegen wieder.

Aber wie lässt sich diese Nervosität erklären? Am 19. Oktober 1987 waren die Kurse an der Wall Street beinahe aus heiterem Himmel binnen weniger Stunden um mehr als 23 Prozent abgerutscht. Der größte prozentuelle Kursrutsch, den es je an einem einzigen Tag gegeben hat. Zum Vergleich: Würde der Dow-Jones-Index jetzt ähnlich dramatisch abstürzen, wären das fast 5400 Indexpunkte.

So etwas wiederholt sich nicht so einfach. Auch wenn das ökonomische und wirtschaftspolitische Umfeld derzeit nicht unähnlich scheint. Einige Lehren wurden aus dem damaligen Gigacrash ja gezogen. Beispielsweise, indem in elektronische Handelssysteme, die die Kurslawine damals verstärkt hatten, Rutschbremsen eingebaut wurden.

Die Nervosität rund um den Jubiläumstag dürfte einen anderen Grund haben: Der Bullenmarkt dauert nun schon sehr lang, rein statistisch wäre also eine Korrektur überfällig. Allerdings orientiert sich die Börse weniger an historischen Daten als an Erwartungen. Also an der Frage, ob Aktien bezogen auf das erwartbare Gewinnwachstum jetzt schon hoch oder gar zu hoch bewertet sind.

Die Schoellerbank hat sich das in ihrem jüngsten Analysebrief nach der Formel zukünftige Gewinne abgezinst ist gleich aktueller Börsenwert angesehen. Und ist dabei zum Schluss gekommen, dass die Aktien vor allem im amerikanischen S&P-500-Index den Gewinnerwartungen schon ziemlich weit davongelaufen sind. So weit lagen die beiden Werte zuletzt vor dem Platzen der Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende auseinander.

Allerdings ist die Situation nicht vergleichbar. Der Abzinsungsfaktor beispielsweise ist derzeit viel niedriger als damals. Es besteht also trotz teilweise schon recht sportlicher Bewertungen (vor allem in den USA) noch keine erhöhte Crashgefahr. Das könnte sich allerdings schell ändern, wenn die Zinsen rascher als erwartet steigen oder die Steuerreform von US-Präsident Trump nicht kommt. Ein bisschen mehr aufpassen als sonst muss man also schon.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2017)

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