Euro-Kursrallye macht der EZB Sorgen

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Laut Experten könnte die rasche Euro-Aufwertung die Inflation zu sehr dämpfen.

Frankfurt. Der kräftige Anstieg des Euro bereitet der EZB zunehmend Sorgen. Experten erwarten daher, dass Notenbank-Präsident Mario Draghi bei der Zinssitzung am Donnerstag Äußerungen vermeiden wird, die die Gemeinschaftswährung noch weiter nach oben treiben können. Sie rechnen mit einer Bekräftigung, dass die EZB die Schlüsselzinsen noch weit nach Ende der Anleihenkäufe auf dem derzeitigen Niveau halten will.

Der Leitzins zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld liegt bereits seit März 2016 auf dem Rekordtief von null Prozent. Eine Änderung am Donnerstag gilt als ausgeschlossen. Mit einem starken Eurowechselkurs verbilligen sich Importe, Güter aus dem Währungsraum werden dagegen im Ausland teurer und büßen an Wettbewerbsfähigkeit ein. Tendenziell dämpft das die aus EZB-Sicht ohnehin schon zu niedrige Inflation. Ungewöhnlich deutlich waren daher zuletzt die Aussagen mehrerer Notenbanker zum Euro: So bezeichnete Frankreichs Zentralbankchef François Villeroy de Galhau die Kursrallye als Quelle von Unsicherheit. EZB-Vize Vítor Constâncio äußerte sich besorgt über plötzliche Kursbewegungen, die keine Veränderungen der Fundamentaldaten widerspiegelten.

Plus vier Prozent seit Dezember

Seit der Dezember-Zinssitzung hat die Gemeinschaftswährung rund vier Prozent auf inzwischen über 1,22 Dollar zugelegt. In ihren Wirtschaftsprognosen sind EZB-Volkswirte zuletzt noch von einem Kurs von 1,17 Dollar für die Jahre 2018 bis 2020 ausgegangen.

Hinter dem Euroanstieg steht vor allem das unlängst veröffentlichte Protokoll des Zinstreffens der EZB im Dezember. Darin kündigt sie eine baldige Überprüfung ihres Ausblicks an. Dieser ist ein wichtiges Instrument, um die geldpolitischen Erwartungen an den Finanzmärkten zu steuern. Manche Marktteilnehmer haben aus dem Papier herausgelesen, dass die EZB womöglich erste Zinserhöhungen vorziehen könnte. Auf dem Geldmarkt nahmen die Spekulationen auf einen ersten Schritt nach oben bereits in diesem Jahr zu. Die Europäische Zentralbank hat letztmalig 2011 die Schlüsselzinsen angehoben. (APA/Reuters)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2018)

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