EU-Finanzminister gegen Aufwertung von Eurostat

(c) AP (Thanassis Stavrakis)
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Dass Athen Statistiken gefälscht hat, wissen die Staaten seit 2004. Fünf Jahre und eine von falschen griechischen Zahlen mitausgelöste Krise später sind die Finanzminister noch immer nicht dazu bereit, sich in die Bücher schauen zu lassen.

BRÜSSEL. Obwohl Griechenlands konservative und sozialistische Regierungen mit gefälschten Budgetstatistiken die bisher schwerste Krise der Eurozone ausgelöst haben, wehren sich die Finanzminister der anderen Euroländer dagegen, das EU-Statistikamt Eurostat aufzuwerten.

Das ist insofern bemerkenswert, weil die Debatte über den Umgang mit den griechischen Betrügereien schon einmal so weit war wie nun. Im Herbst 2004 stellte Wirtschafts- und Währungskommissar Joaquín Almunia in Aussicht, als Folge der griechischen Statistiktricksereien die Kompetenzen von Eurostat aufwerten zu wollen.

Bei den Finanzministern stieß er auf taube Ohren. „Ich denke, dass niemand, der korrekt seine Angaben macht, sich deshalb unter Kuratel stellen lassen muss, weil ein anderer nicht korrekt gehandelt hat“, sagte der damalige deutsche Finanzminister Hans Eichel (SPD) am 21.Oktober 2004 vor einem Treffen mit den anderen Finanzministern der Eurozone. Österreichs damaliger Finanzminister Karl-Heinz Grasser assistierte Eichel: Eurostat dürfe nicht zu einem „Richter werden, gegen den es keine nächste Instanz gibt“.

Almunias drei Reformvorschläge

Am 22.Dezember 2004 legte Almunia trotzdem drei Anregungen vor: Erstens sollte die Kommission das Recht bekommen, die Staatsfinanzen selber zu prüfen. Bisher darf sie das nicht, sondern ist auf die Zahlen angewiesen, welche die nationalen Statistikämter an Eurostat liefern. Zweitens sollte Eurostat budgetär und personell verstärkt werden, um „in der Lage zu sein, tief gehende Evaluationen von Budgetstatistiken und Budgetpositionen ausführen zu können“, wie es in Almunias Papier hieß. Drittens sollte ein EU-weit einheitlicher Mindeststandard dafür eingeführt werden, wie eine anständige nationale Statistikbehörde auszusehen hat.

Diese Vorschläge zerschellten an dem „Njet“ von Eichel, Grasser und Konsorten. Fünf Jahre und eine schwere, von falschen griechischen Zahlen mitausgelöste Krise später sind die Finanzminister noch immer nicht dazu bereit, sich von Eurostat genau in die Bücher schauen zu lassen. „Wir sehen das weiter sehr kritisch“, sagte Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) beim jüngsten Ecofin-Treffen am 19.Jänner.

Almunia, der in der neuen Kommission für die Wettbewerbspolitik zuständig sein wird und sein Portefeuille an den bisherigen Erweiterungskommissar Olli Rehn abgibt, konnte sich diesen Mittwoch bei der Vorstellung des strengen Aufsichtsregimes der EU über Griechenlands Stabilitätsprogramm einen kleinen Seitenhieb gegen die Finanzminister nicht verkneifen: „Wenn der Rat unseren damaligen Vorschlag nicht abgelehnt hätte, wer weiß, ob diese Krise dann nicht zu verhindern gewesen wäre.“

Sicher ist jedenfalls, dass die neue Kommission bald einen erneuten Anlauf unternehmen wird, Eurostat gegenüber den Finanzministern zu stärken. Beim angesprochenen jüngsten Ecofin-Treffen der Finanzminister gab es eine vage erste Diskussion darüber – aber noch keinen Umschwung der Meinungslage.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2010)

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