Experte: Ölpreis wird 2010 auf 60 Dollar je Barrel fallen

(c) AP (Hasan Jamali)
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Hohe Lagerbestände und drastisch zurückgefahrene Investitionen bei der Förderung werden den Ölpreis in der zweiten Jahreshälfte drücken, sagt Rohstoff-Experte Ronald Stöferle.

Der Ölpreis wird im zweiten Halbjahr 2010 auf rund 60 Dollar je Barrel der Marke WTI sinken. Gründe dafür sind die hohen Öl-Lagerbestände und die Streichung von Investitionen in die Förderung neuer Ölvorkommen. Das sagt Ronald Stöferle, Rohstoff-Analyst der Erste Group. "Der aktuelle Ölpreis von 81 Dollar preist zu viel konjunkturellen Optimismus ein", führte der Analyst bei der Präsentation des Spezial-Reports Öl für 2010 am Dienstag in Wien weiter aus.

"Der Markt ist geflutet mit Öl. Von Knappheit kann absolut keine Rede sein", so Stöferle. Sobald die Nachfrage zunehmend aus den Lagern gedeckt werde, dürfte der Abwärtstrend wieder in Gang kommen, ist der Experte überzeugt: "Die hohen Lagerbestände dürften die Achillesferse für den Ölpreis bedeuten, denn das aktuelle Überangebot wird Druck auf den Ölpreis ausüben".

Ölkonzerne fahren Investitionen zurück

Hinzu kommt, dass die Ölkonzerne angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise ihre Investitionen um 20 Prozent (rund 100 Milliarden Dollar) zurückgefahren haben. Auch neue Ölsandprojekte würden sich erst ab einem Ölpreis von 90 Dollar rechnen. "Die Investitionen, die man jetzt nicht tätigt, haben 2012 und 2013", ist Stöferle überzeugt. Ein neuerlicher Ölschock sei dann nicht auszuschließen.

Kurzfristig werde der Ölpreis in der ersten Jahreshälfte 2010 aber steigen. Auch ein Überspringen der 100-Dollar-Marke ist möglich. Statistiken zeigen, dass in der Vergangenheit in 81 Prozent der Fälle der Ölpreis zwischen 24. Februar und Ende Mai gestiegen sei. Da auch Hedgefonds und andere Investoren von diesem Faktor wissen, sei dieses saisonale Ölpreishoch nahezu eine selbsterfüllende Prophezeiung. Erst in der zweiten Jahreshälfte werde der Ölpreis aus den oben erwähnten Gründen sinken.

Rosige Zukunft für Erdgas

Eine rosige Zukunft sagt der Rohstoff-Experte hingegen Erdgas voraus. Gas könnte Erdöl den Rang ablaufen. Begründet sei dies vor allem durch eine "stille Revolution" am Energiesektor: "Shale Gas". Dieses ist in ganz kleinen Poren in Schieferstein eingelagert. In den USA ist die Förderung dieses Gases bereits rentabel. 10 Prozent des Gasvorkommens sind momentan auf "Shale Gas" zurückzuführen. In 10 Jahren sollen es bereits 50 Prozent sein. Die USA verfügen dadurch über Vorkommen, die für einen Zeitraum von 100 Jahren reichen werden.

In Europa ist "Shale Gas" noch kein bedeutender Faktor. Eine entsprechende Infrastruktur ist noch nicht vorhanden. Dies werde sich ändern, ist Stöferle überzeugt. Hauptgrund ist die erhebliche Minderung der Versorgungsabhängigkeit der europäischen Länder. So wird auch im Wiener Becken ein entsprechendes Gasvorkommen vermutet. In fünf bis zehn Jahren sollte "Shale Gas" aber auch in Europa produziert werden, so der Experte. Darüber hinaus ist Gas der sauberste fossile Rohstoff. Als Konsequenz könnte sich der Gaspreis in den nächsten Jahren verdoppeln, sagt Stöferle.

(phu)

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