Wiener Milliardär schickt seine Stuttgarter Exyte an die Börse

Der österreichische Milliardär Georg Stumpf sucht für einen "bedeutenden Minderheitsanteil" am Anlagenbauer Exyte Aktionäre. Der Börsengang soll im vierten Quartal erfolgen.

Der Wiener Milliardär Georg Stumpf bringt seinen schwäbischen Anlagenbauer Exyte, ehemals M+W, an die Börse. Ein "bedeutender Minderheitsanteil" des Unternehmens solle in Zukunft in Streubesitz sein, wie Exyte am Montag erklärte. Damit verkauft Stumpf einen Teil an dem Unternehmen an die zukünftigen Aktionäre. Angestrebt ist ein Börsengang im vierten Quartal. Die Bewertung des Unternehmens könnte 2,5 bis drei Milliarden Euro liegen, heißt es. Bei einem Streubesitzanteil von 25 Prozent, wie erwartet wird, würde  Stumpf demnach einen Verkaufserlös von bis zu 750 Millionen Euro lukrieren.

Der Chef von Exyte ist seit 2017 Wolfgang Büchele, zuvor oberster Manager beim deutsche Industriegasekonzern Linde. "Wir sind ideal positioniert, um Investoren ein langfristiges und nachhaltiges Wachstum und attraktive Renditen zu bieten", sagte er. Exyte hat 2017 mit 4800 Mitarbeitern einen Umsatz von 2,4 Milliarden Euro erzielt, im ersten Halbjahr 2018 waren es 1,7 Milliarden Euro. Insgesamt soll der Umsatz im laufenden Jahr bei mehr als 3,5 Milliarden Euro liegen. Beim bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) werden mehr als 160 Millionen Euro angestrebt.

Exyte profitiere vom wachsenden Bedarf an Halbleitern etwa für Datencenter, Internet-Medien und das autonome Fahren, unabhängig von den Preisschwankungen, sagte Vorstandschef Büchele zu Reuters. "Unser Wachstum wird deshalb weitergehen." Geld für Zukäufe brauche Exyte nicht, erklärte Büchele. "Ergänzende Akquisitionen zu unseren drei Kerngeschäftsfeldern können wir aus dem Cash-flow finanzieren."

Sowohl das Umsatz- als auch das Ebit-Ziel für 2018 entspricht zum Vorjahr einer Steigerung um fast die Hälfte. Büchele will das durch operative Verbesserungen, organisches Wachstum und Zukäufe erreichen. Für den geplanten Börsengang agieren BofA Merrill Lynch und die UBS Investment Bank als Joint Global Coordinators und Joint Bookrunners. Commerzbank und Crédit Agricole CIB fungieren als weitere Joint Bookrunners. 

Es begann mit Hackschnitzeln

Exyte mit Sitz in Stuttgart bedient technisch anspruchsvolle Kunden in Wachstumsmärkten wie Halbleiter, Life Sciences und Rechenzentren über das gesamte Spektrum von Dienstleistungen von der Beratung und Entwicklung bis hin zum Management von schlüsselfertigen Lösungen. Das Unternehmen ist in mehr als 20 Ländern tätig.  Es wurde 1912 von Karl Meissner und Paul Wurst (M+W) gegründet, den beiden Erfindern des "Holzhackschnitzel-Extraktors", und blieb den jeweils neuesten Technologien treu. In den 1970er Jahren etwa wurden alle Luftströmungsgeräte für das damals größte Atomkraftwerk Deutschlands geliefert. In den 1980er Jahren wurde erstmals eine große Halbleiter-Anlage in Asien gebaut. Aus Taiwan kam später der erste Großauftrag für die eine Produktionsanlage für Flachbildschirme.

M+W kam 2008 in den Besitz von Georg Stumpf, der sich einen Namen als Immobilien- und Industrieinvestor gemacht hatte. Der Wiener gilt als viertreichster Österreicher. Das US-Magazin Forbes bezifferte heuer sein Vermögen mit 2,9 Milliarden Dollar. Den Grundstein dafür legte er als 25-Jähriger mit dem Bau des   Millennium Tower in Wien. Den 202 Meter hohen Büroturm und die anschließende Millennium City verkaufte Stumpf 2003 um 360 Millionen Euro an eine Hamburger Fondsgesellschaft. Einen Teil des Gewinnes investierte er gemeinsam mit dem Industriellen Mirko Kovats und dessen Partner Ronny Pecik in Deutschland und der Schweiz. Nach Zerwürfnissen kam es zur Aufteilung ihrer Beteiligungsfirma Victory.  Stumpf erhielt M+W und baute das Stuttgarter Unternehmen kontinuierlich aus. Die Umbenennung in Exyte erfolgte heuer im August.

Gutes Jahr für die Börse

Exyte ist der vierte Börsengang in Frankfurt, der für dieses Jahr noch angekündigt ist. Bisher stehen der Online-Möbelhändler Westwing, der Elektroroller-Hersteller Govecs und der Zug- und Lkw-Zulieferer Knorr-Bremse auf der Liste. Wenn sich ihre Erwartungen erfüllen, könnte das Jahr 2018 für Börsengänge mit einem Emissionsvolumen von bis zu zwölf Milliarden Euro so gut werden wie seit 18 Jahren keines mehr. Allein Knorr-Bremse-Mehrheitseigentümer Heinz Hermann Thiele will drei Milliarden Euro oder mehr erlösen. Im ersten Halbjahr hatten elf Neulinge im streng regulierten Prime Standard mehr als 7,2 Milliarden Euro eingesammelt, allen voran die Siemens-Tochter Healthineers mit 4,2 Milliarden. Den Rekord hält das Jahr 2000 mit mehr als 14 Milliarden Euro.

(APA/dpa-AFX)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.