Wirecard: Es darf wieder auf fallende Aktien spekuliert werden

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FILES-GERMANY-WIRECARD-MARKET-FRAUD-SINGAPORE-STOCKSAPA/AFP/CHRISTOF STACHE
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Donnerstagnacht lief die zweimonatige Frist der deutschen Finanzaufseher aus: Sie hatten als Vorsichtsmaßnahme gegen illegale Spekulationen neue Leerverkäufe der Wirecard-Papiere verboten. Das Verbot war eine Premiere - und hatte für großes Aufsehen an der Börse gesorgt.

Die deutsche Finanzaufsicht Bafin hat ihre Vorsichtsmaßnahmen gegen zeitweilig befürchtete illegale Attacken von Börsenspekulanten auf den Dax-Konzern Wirecard beendet. Das zweimonatige Verbot, neue Netto-Leerverkaufspositionen in Wirecard-Aktien aufzubauen oder bestehende Netto-Leerverkaufspositionen zu erhöhen, lief am Donnerstagabend um Mitternacht aus, wie die Behörde auf ihrer Webseite mitteilte.

Die Bafin hatte das Verbot am 18. Februar erlassen und damit für großes Aufsehen in der Börsenszene gesorgt. Denn damit hatte die Aufsicht zum ersten Mal überhaupt für die Aktien eines einzelnen Unternehmens ein solches Verbot verkündet. Grund war der Verdacht der Marktmanipulation: Die Bafin fürchtete, dass dies den gesamten deutschen Aktienmarkt in Mitleidenschaft ziehen könnte.

Wirecard-Papier verlor zeitweise ein Drittel an Wert

Negativberichte der Londoner "Financial Times" über Gesetzesverstöße von Wirecard-Mitarbeitern in Singapur hatten zuvor mehrfach Kursstürze ausgelöst. Zeitweise hatte die Aktie des im Münchner Vorort Aschheim ansässigen Bezahldienstleisters innerhalb kürzester Zeit über ein Drittel ihres Werts verloren. Der Wirecard-Vorstand hatte die Berichte zunächst wütend zurückgewiesen und von Diffamierung gesprochen.

Mittlerweile hat die von Wirecard selbst beauftragte Untersuchung einer Singapurer Anwaltskanzlei jedoch ergeben, dass Mitarbeiter in dem südostasiatischen Inselstaat tatsächlich gegen Bilanzregeln verstoßen haben - allerdings weniger gravierend als von der Zeitung berichtet.

Anzeigen und offene Fragen

In der Zwischenzeit ist nicht nur die Börsenaufsicht eingeschritten: Auch die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es bei den Kursturbulenzen nicht mit rechten Dingen zuging. Beide Behörden ermitteln. Die Bafin hatte Anfang der Woche rund ein Dutzend mutmaßlich Beteiligter bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Um wen es sich handelt, teilte die Bafin nicht mit.

Short-Attacken sind ein Kursmanöver, bei dem Spekulanten eine Aktie gezielt zum Absturz bringen. Die Leerverkäufer leihen sich gegen Gebühr Aktienpakete und verkaufen diese. Sinkt anschließend der Kurs, können sie die Papiere günstiger einkaufen und den Eigentümern zurückgeben, die Differenz zwischen Ver- und Einkaufspreis bleibt als Gewinn. Wirecard war bereits 2008 und 2016 Ziel von "Short"-Attacken geworden.

(ag.)

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