Währungsunion: Der Euro rutscht auf Vierjahrestief

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Analysten zufolge wird der Euro seinen Sinkflug fortsetzen. „Wir schätzen, dass er in den kommenden Wochen auf knapp unter 1,20 Dollar fallen wird“, sagt Rainer Singer, Währungsanalyst bei der Erste Bank.

Wien (APA/hie). Unter dem Druck der europäischen Schuldenkrise ist die Gemeinschaftswährung am Montag gegenüber dem US-Dollar auf den tiefsten Stand seit vier Jahren gesunken. Am Montag war ein Euro 1,22 Dollar wert – so wenig wie seit April 2006 nicht mehr. Da half auch das Milliarden-Rettungspaket nicht viel, welches die EU-Finanzminister vergangene Woche beschlossen haben.

„Mehr und mehr wird deutlich, dass die jüngsten Notmaßnahmen zwar die kurzfristigen Refinanzierungsrisiken beiseite gefegt haben, die eigentliche Herkules-Aufgabe von den Regierungen aber noch zu leisten ist“, hieß es in einem Kommentar der HSH Nordbank. „Ohne nachhaltige Fiskaldisziplin und eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in vielen Mitgliedsländern wird eine Anfälligkeit der Währungsunion nicht überwunden werden können.“

Darin, dass die Gemeinschaftswährung nur stabilisiert werden kann, wenn die Euroländer ihre Hausaufgaben machen, sind sich die Experten einig. So sagte Jürgen Stark, Chefökonom der Europäischen Zentralbank in Bezug auf den Rettungsschirm: „Wir haben Zeit gekauft, mehr nicht. Nur wenn die Mitgliedsländer des Eurosystems jetzt ihre Volkswirtschaften reformieren und sparen, wird sich die Lage beruhigen“, so Stark in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

Analysten: Euro sinkt weiter

Analysten zufolge wird der Euro seinen Sinkflug fortsetzen. „Wir schätzen, dass er in den kommenden Wochen auf knapp unter 1,20 Dollar fallen wird“, sagt Rainer Singer, Währungsanalyst bei der Erste Bank. Längerfristig werde sich das Augenmerk aber wieder mehr auf die USA richten und der Dollar im Vergleich zum Euro an Stärke verlieren. „Die USA haben ein weit höheres Budgetdefizit als Europa. Die Sanierung wird die USA Wachstum kosten.“ Die dramatischen Reaktionen auf den sinkenden Euro hält Singer für überschätzt: „Der Euro war schon einmal deutlich schwächer. Die aktuelle Situation ist keine Katastrophe. Aber es ist dieses Mal relativ schnell gegangen.“

Michael Rottmann von der UniCredit glaubt, dass der Abwärtstrend in den kommenden Wochen anhalten wird. „Ende 2011 wird sich der Euro etwas über dem aktuellen Niveau einpendeln.“ Damit, dass sich der Eurokurs dem Dollar angleicht, rechnen die Analysten nicht. „Eine Bewegung unter die Parität wäre ein Zeichen, dass der Euro vor dem Aus stünde“, so Rottmann.

Während die Gemeinschaftswährung fällt, erreicht Gold einen Rekordwert nach dem anderen. Eine Unze Feingold wurde Montagfrüh an der Rohstoffbörse in London zeitweise um 1012,81 Euro gehandelt und kletterte damit auf einen neuen Höchststand. Am Nachmittag fiel er leicht auf 1001,46 Euro. Auch in Dollar stieg der Goldpreis vorübergehend auf 1242,10 Dollar je Unze, das ist nur knapp weniger als der Rekordstand von 1248,45 am Freitag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2010)

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