Investoren besorgt über Frankreich

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Die Risikoprämien für französische Staatsanleihen sind auf ein neuerliches Rekordhoch geklettert. Die Anleger befürchten ein schlechteres Rating für das Land. Außerdem zeige Frankreich wenig Sparwillen.

Wien. Nun ist auch Frankreich in den Mittelpunkt des Investoreninteresses geraten. Die Risikoprämien für französische Staatsanleihen stiegen am Dienstag auf ein neuerliches Allzeithoch.

Für die Anleger war es noch nie so teuer, sich gegen den Ausfall von fünfjährigen französischen Staatsanleihen abzusichern. Die Prämie kostet nun 1,09 Prozent der Versicherungssumme. Das heißt, wer fünfjährige Frankreich-Anleihen im Wert von 100.000 Euro absichern will, muss derzeit 1090 Euro jährlich zahlen.

Die Investoren vertrauen demnach der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone weniger als etwa Tschechien oder der Slowakei. Für fünfjährige slowakische Anleihen muss man eine Prämie von nur 0,82 Prozent berappen. Anders als Frankreich hat die Slowakei aber nur ein Rating von A+.

Schlechteres Rating droht

„Neben Belgien wird Frankreich von den Investoren derzeit besonders wahrgenommen. Die Ratingagentur Standard & Poor's hat durchsickern lassen, dass Frankreich das AAA-Rating verlieren könnte“, sagt Walter Hausner, Anleiheninvestor der Fondsgesellschaft Innovest.

Bei einem schlechteren Rating müsste das Land einen höheren Zinssatz für seine Refinanzierungen zahlen. „Das ist für Frankreich schmerzvoll, weil es Anleihen im Wert von 886 Mrd. Euro draußen hat (höher verschuldet in absoluten Zahlen ist in der Eurozone nur Italien, Anm.). Im Jahr 2011 werden französische Anleihen im Wert von 47 Mrd. Euro fällig, 2012 muss Frankreich dann Anleihen im Wert von 62 Mrd. Euro refinanzieren“, so Hausner. „Sollte das Land infolge eines schlechteren Ratings ein halbes Prozent mehr zahlen müssen, ist das schon eine große Menge.“ Dabei ist aber noch nicht erwähnt, dass in Frankreich auch die Kommunen und die staatliche Sozialversicherung tief in der Kreide stecken.

Frankreich ist nicht das einzige Eurokernland, dessen Risikoprämien zuletzt anstiegen. Auch für Deutschland zeigen sich die Märkte besorgter. Für die Versicherung deutscher Anleihen zahlt man 0,57 Prozent (die Grafik oben zeigt den prozentuellen Anstieg der Risikoprämien, Anm.). „Diese Dynamik hat sich seit den Aussagen von Angela Merkel entwickelt, wonach private Investoren bei Zahlungsausfällen von Ländern stärker zur Kasse gebeten werden sollen“, sagt Robert Senz, Investmentchef der Raiffeisen Capital Management (RCM).

Bei Frankreich sei die Dynamik aber deswegen ausgeprägter, weil erstens ein schlechteres Rating drohe und zweitens das Land bisher wenig Sparwillen zeige, fügt Senz hinzu. Die Regierung in Paris versucht indessen, die Investoren zu beruhigen. Sie will das Defizit von 7,7 im nächsten Jahr auf sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIPs) nach unten schrauben. Bis 2013 werde das Land wieder ein jährliches Defizit von unter drei Prozent erreichen.

„Reformbereitschaft ist gering“

Diesem Versprechen vertrauen die Märkte noch wenig. „Die Reformbereitschaft in Frankreich ist relativ niedrig. Gegen notwendige Strukturreformen stößt die Politik auf einen harschen Widerstand der starken Gewerkschaften. Darum hat Frankreich bisher relativ wenig eingespart“, sagt Gregor Hütter, Fondsmanager bei Pioneer Investments. „Im Vergleich zu den anderen Eurokernländern sind französische Staatsanleihen bei uns untergewichtet. Wir sehen mehr Potenzial bei Ländern wie den Niederlanden oder Österreich.“ Dennoch stehe Frankreich noch lange nicht auf einer Stufe mit Spanien oder Portugal. „Das Land ist schon noch wesentlich besser aufgestellt als die Peripherieländer der Eurozone“, betont Hütter.

Die Risikoaufschläge der französischen Anleihen zu deutschen Bundesanleihen halten sich wohl deswegen noch überraschend gut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2010)

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