Girokonten: Warum auf Zinsen verzichten?

Girokonten Warum Zinsen verzichten
Girokonten Warum Zinsen verzichten(c) Bilderbox
  • Drucken

Girokonten sind ein denkbar schlechter Ort, um Geld zu parken. Denn diese sind schwach verzinst. Als Alternative bieten sich Direktbanken und Sparkarten an. Doch Sparen ist vielfach vielfach ein Verlustgeschäft.

Ältere Leute haben ihre Ersparnisse unter der Matratze versteckt, andere lassen es auf dem Girokonto liegen. Der Effekt ist der gleiche. Das Geld wird immer weniger wert, da es keinen Ertrag abwirft. Laut Statistik der Nationalbank betragen in Österreich die Sichteinlagen auf privaten Giro- und Tagesgeldkonten 46 Milliarden Euro – dort sind die Zinsen niedrig. Bei den meisten Banken (Bank Austria, Bawag, Raiffeisen und Erste Bank) bekommt man magere 0,125 Prozent pro Jahr.

Der gleiche Zinssatz bei den großen Instituten zeigt, wie gering der Wettbewerb hier ist. Laut dem Bankenrechner der Arbeiterkammer gibt es beim „VIP Konto“ der verstaatlichten Hypo Alpe Adria mit 0,40 Prozent die höchsten Zinsen.

Wer dagegen sein Konto überzieht, bekommt saftige „Strafzinsen“ aufgebrummt, die bei einigen Instituten bis zu 13,125 Prozent ausmachen.

Zinsgewinne für Banken. Und die Finanzindustrie denkt nicht daran, die Konditionen bei Girokonten zu ändern. Warum sollte sie auch? Denn je niedriger die Zinsen sind, umso mehr verdienen die Banken. Zwar liegen noch keine Ergebniszahlen für das Vorjahr vor, doch es zeichnet sich ab, dass Bank Austria, Erste Bank und Raiffeisen beim Gewinn die Milliardenschwelle durchbrochen haben. Schon in den ersten drei Quartalen 2010 verdiente die Raiffeisen Bank International netto 783 Millionen Euro, bei der Erste Bank waren es 736,8 Millionen Euro und bei der Bank Austria 761 Millionen Euro.

Damit haben die Institute wieder weitgehend das Niveau von vor der Finanzkrise erreicht. Die Trendwende kam überraschend schnell. Immerhin ist es erst zwei Jahre her, dass der Staat der Kreditwirtschaft zur Bewältigung der Krise Milliarden zugeschossen hat.

Der wichtigste Ertragsbringer für Österreichs Banken ist der Zinsüberschuss. Vereinfacht ausgedrückt, handelt es sich dabei um den Gewinn, der sich aus den niedrigen Zinsen bei Girokonten sowie Spareinlagen und den deutlich höheren Zinsen im Kreditgeschäft ergibt. Bei der Erste Bank ist der Zinsüberschuss zuletzt um 6,1 Prozent auf 4,075 Milliarden Euro gestiegen. Bei der Raiffeisen Bank International waren es 2,7 Milliarden Euro. Davon werden die Risikovorsorgen für Kredite und Kosten für das Personal, die Filialen und die Verwaltung abgezogen.

Im Vergleich zu anderen Ländern sind Österreichs Banken weniger stark im Börsenhandel und im Investmentbanking engagiert. Sie konzentrieren sich auf das klassische Spar- und Kreditgeschäft. Daher sind sie vorwiegend auf Zinserträge angewiesen.

Für Bankkunden sind Girokonten ein denkbar schlechter Ort, um ihr Geld zu parken. Auch wer sich nicht binden will, hat andere Möglichkeiten, höhere Zinsen zu bekommen.

Zweitkonto bei einer Direktbank oder bei einem kleinen Institut: Direktbanken, die über kein Filialnetz verfügen, zahlen mehr. Den höchsten Zinssatz gibt es mit 2,3 Prozent bei der Salzburger direktanlage.at – allerdings nur für Neukunden, und das Angebot ist an Bedingungen geknüpft. Auf Platz zwei liegen laut dem Bankenrechner der Arbeiterkammer Denizbank, livebank.at (Volksbank Kufstein), easybank und das Bankhaus Denzel mit 1,55 Prozent.

Banken im Ausland: In Deutschland gibt es einige Institute, die mehr als 2,0 Prozent zahlen, wie die Allianz-Bank. Doch die Kontoeröffnung ist kompliziert. Wegen der strengen Geldwäschebestimmungen müssen Kunden aus dem Ausland die Legitimation mitunter bei einem Notar durchführen.

Sparkarten: Weil immer mehr Kunden zu einer Direktbank abwandern, reagieren die etablierten Institute mit Sparkarten: Die Bawag-PSK-Gruppe zahlt hier bis zu 1,5 Prozent – den hohen Zinssatz gibt es erst ab einem Betrag von 50.000 Euro. Die ErfolgsCard der Bank Austria bietet 0,625 Prozent (unter 70.000 Euro) und 1,125 Prozent (ab 70.000 Euro). Sparkarten unterliegen der Einlagensicherung und haben in der Regel keine Bindefristen.

Allerdings ist zu bedenken, dass Sparen bei einer Inflationsrate von 1,9 Prozent im Vorjahr vielfach ein Verlustgeschäft ist. Zudem ist noch die Kapitalertragssteuer zu berücksichtigen. Doch mit Sparkarten und Zweitkonten bei einer Direktbank lässt sich der Wertverlust eindämmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.