Grünbuch: EU nimmt Online-Glücksspiel ins Visier

(c) AP (Jay LaPrete)
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Binnenmarktkommissar Barnier stellt seine Überlegungen zu einem rasant wachsenden Geschäftsmodell vor, das sechs Milliarden Euro pro Jahr umsetzt. Das ist der erste Schritt für klarere EU-weite Regeln als bisher.

Brüssel. Heute, Donnerstag, startet EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier ein Verfahren, an dessen Ende erstmals einheitliche Regeln für das Online-Glücksspiel in Europa stehen könnten. Die Kommission stellt ein sogenanntes Grünbuch vor, das grundsätzliche Überlegungen zu den Problemen dieses in allen europäischen Staaten stark wachsenden Marktes mit Fragen an alle Interessierten verbindet, wie denn ihrer Meinung nach diese Probleme am besten zu lösen wären.

„Es ist das Ziel der Kommission, durch diese Konsultation zum Entstehen eines rechtlichen Rahmens für das Online-Glücksspiel in den Mitgliedstaaten beizutragen, der größere rechtliche Sicherheit für alle Beteiligten bringt“, heißt es im letzten Entwurf dieses Kommissionspapiers, das der „Presse“ vorliegt.

Sportwetten, Poker, Internet-Casinos und ähnliche kostenpflichtige Zerstreuungen fallen grundsätzlich unter die Grundfreiheit, auf dem gemeinsamen Binnenmarkt jegliche Dienstleistung in jedem EU-Mitgliedstaat zu erbringen, sofern die nationalen Behörden nicht schwerer wiegende öffentliche Interessen wie den Schutz der Verbraucher oder die Unterbindung von Geldwäsche dem im Weg stehen sehen.

Und so gleicht die Union in Sachen Online-Glücksspiel einem Fleckerlteppich: Manche Staaten, zum Beispiel Großbritannien, erlauben privaten Unternehmen in einem gewissen Rahmen so gut wie jede Art von Glücksspiel im Internet. In anderen wiederum darf nur ein Monopolist Glücksspiel anbieten. Und der ist zumeist staatlich kontrolliert.

Was ist ein Online-Glücksspiel?

Bloß kennt das Internet keine Grenzen. Die Kommission stellt fest, dass bereits im Jahr 2006 von 14.823 aktiven Websites in der EU 85Prozent keine Zulassung hatten. „Dieser unerlaubte grenzüberschreitende Markt bleibt für Verbraucher potenziell zugänglich, entweder wegen faktischer Toleranz oder fehlender Rechtsdurchsetzung“, hält sie lakonisch fest. Und dieser Markt wächst rasant. Von 2003 bis 2012 soll laut Kommissionberechnungen der Markt für Glücksspiele übers Internet um 152,5Prozent auf 7,32 Milliarden Euro wachsen, jener für Glücksspiele auf dem Mobiltelefon um 450Prozent auf 3,51 Milliarden Euro und jener fürs Zocken über Internetfernsehen um 415,6Prozent auf 1,33 Milliarden Euro. Der gesamte Umsatz der Branche soll sich von 2008 bis 2013 auf rund zwölf Milliarden Euro verdoppeln.

Offen ist aber, was alles als Online-Glücksspiel zu betrachten ist. „Werden Spiel-Dienstleistungen, die von Medien angeboten werden, auf nationaler Ebene als Glücksspiele betrachtet?“, will die Kommission darum wissen. Bis 31. Juli sammelt sie Antworten, dann folgen weitere Schritte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2011)

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