Banken: Irland will Gläubiger zur Kassa bitten

(c) AP (Frank Franklin II)
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Erstmals sollen in Irland die Inhaber von vorrangigen Bankanleihen an Verlusten beteiligt werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) ist strikt dagegen, weil sie neue Turbulenzen auf den Bond-Märkten fürchtet.

Wien/Red/Gau. Dublin macht Ernst: Erstmals soll das Gros der Anleiheinvestoren einen Teil der Bürde einer Bankenrettung tragen. Das verkündete Landwirtschaftsminister Simon Coveney in einem Radiointerview. Im Fokus stehen die Gläubiger vorrangiger Anleihen.

Das betroffene Volumen bei den sieben größten Instituten: 16,4Mrd. Euro. Bereits seit September müssen die Besitzer von nachrangigen Anleihen der verstaatlichten Anglo Irish Bank um eine vollständige Rückzahlung ihrer Gelder fürchten. Sie hatten von Anfang an ein höheres Risiko, weil sie im Pleitefall bei der Bedienung der Schulden hintangestellt werden.

Formal wurde im September auch das weit größere Volumen der vorrangigen Anleihen vom staatlichen Schutz ausgenommen, weshalb sie nun als „ungesichert“ gelten. Offiziell garantiert sind nur noch die Spareinlagen. Allerdings betonte der damalige Finanzminister Brian Lenihan in einem Atemzug, dass man die vorrangigen Gläubiger bevorzugt behandeln und weiter bedienen würde.

Sprich: An Verlusten müssen sie sich nur dann beteiligen, wenn die Bank wirklich pleitegeht. Und das würde die irische Regierung mit allen Mitteln verhindern. So läuft es weltweit seit der Finanzkrise: Taumelnde Banken werden fast immer vom Staat aufgefangen, die Investoren kommen ungeschoren davon.

Mit dieser De-facto-Sicherheit ist es nun vorbei. Schon im irischen Wahlkampf wurde aggressiv die Parole getrommelt: Nicht die Steuerzahler, sondern die Anleihebesitzer sollen für die verheerende Bankenkrise kräftig zur Kassa gebeten werden. In der Koalitionsvereinbarung der Wahlsieger, Fine Geal und Labour, steht die Drohung, dass entsprechende Gesetze „notwendig sein könnten“. Und jetzt schreitet die neue Regierung offenbar zur Tat.

Doch Analysten wundern sich: Die Entlastung für den Sektor sei nicht sehr groß, zumal davon auszugehen ist, dass die Maßnahme auf die nicht lebensfähigen Institute beschränkt bleibt. Es dürfte sich also mehr um eine politische Geste handeln – an die erbosten Bürger, deren Forderungen sich die Wahlsieger zu eigen gemacht haben, vor allem aber an Brüssel.

Denn die neue Regierung kämpft hartnäckig um bessere Konditionen für das 85 Mrd. Euro schwere Paket aus dem Euro-Rettungsschirm. In den Verhandlungen fehlt Dublin etwas, was es im Gegenzug anbieten kann. Denn die Hauptforderung der EU, eine Erhöhung des besonders niedrigen Körperschaftsteuersatzes, ist für die Iren ein Tabuthema. Gut möglich, dass man mit der angedrohten Verlustbeteiligung für Anleihegläubiger neue Verhandlungsmasse schaffen will, mit der man in Brüssel manövrieren kann.

Neue Kapitallücke bis zu 30 Mrd.

Der Europäischen Zentralbank (EZB) passen diese Spielchen gar nicht ins Konzept. Sie fürchtet für den Fall des Falles eine europaweite Flucht der Investoren aus Bankanleihen. Vor allem Spanien, wo der Sparkassensektor ebenfalls schwer unter den Folgen einer geplatzten Immobilienblase leidet, könnte stark angesteckt werden.

Zurzeit hängen die irischen Banken zur Gänze am Liquiditäts-Tropf der Frankfurter Währungshüter. Dieser Last wollten sie sich eigentlich entledigen, aber daraus scheint nun nichts zu werden. Laut einem Reuters-Bericht plant die EZB ein neues Hilfsprogramm für die Geldhäuser. Wie hoch der zusätzliche Kapitalbedarf ist, wird man am Donnerstag wissen, wenn die Ergebnisse des neuen Bankenstresstests auf dem Tisch liegen. Kolportiert wird eine Kapitallücke von 18 bis 30 Mrd. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2011)

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