Irland: Uneinigkeit bei der Kreditwürdigkeit

(c) AP (Frank Franklin II)
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Die Ratingagenturen kommen nicht auf eine Linie. Nachdem Fitch sein Rating vom Dezember bestätigt hat, liegt Irland bei Moody's nur noch eine Stufe über dem spekulativen Bereich, die dem Ramschstatus gleicht.

Wien/Gre/Ag. Vor zwei Wochen waren sich die drei großen Ratingagenturen einig. Standard & Poor's (S&P) stufte Irland um eine Stufe herab, und zog damit gleich mit Fitch und Moody's. Die irische Kreditwürdigkeit wurde damit von allen drei Agenturen mit der acht-besten Bonitätsstufe bewertet (BBB+ bzw. Baa1, die Bezeichnung variiert je nach Agentur), drei Stufen über dem spekulativen „Ramschniveau“.

Und es sah so aus, als würde es beim Konsens bleiben, als Fitch Donnerstagabend sein Irland-Rating bestätigte. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass Fitch den Ausblick zwar besser als bisher beurteilt, insgesamt trotzdem bei einem negativen Ausblick bleibe. Die jüngsten irischen Bemühungen, die Wirtschaft zu stabilisieren, seien glaubhaft, verlautbart Fitch.

Abstufung wegen Rettungsschirm

Nur einen Tag später ließ Moody's am Freitag mit einer gänzlich unterschiedlichen Einschätzung aufhorchen: Die irische Bonität wird um gleich zwei Stufen schlechter eingeschätzt. Damit liegt sie nur noch eine Stufe über dem spekulativen Bereich (das kommt dem Ramschstatus gleich). Und das, weil der europäische Stabilitätsmechanismus (Rettungsschirm) eine Kostenbeteiligung privater Gläubiger nicht ausschließt und die Finanzkraft der Regierung vom schwachen Wachstum beeinträchtigt werden könne. Der negative Ausblick wurde beibehalten, eine Abstufung auf Ramschniveau ist in naher Zukunft also durchaus realistisch. Irland genießt damit die gleiche Bonitätsbewertung wie das von Unruhen geschüttelte Tunesien.

Die Einschätzungen von Moody's mögen aber noch umso mehr überraschen, wenn man die Einschätzung der irischen Lage von Standard & Poor's genauer betrachtet. Mit der letzten Abstufung auf die Bonitätsstufe BBB+ Anfang April wurde der Ausblick auf „stabil“ gesetzt. Außerdem wurde das Land von der sogenannten Prüfliste genommen, auf der es sich seit November des vergangenen Jahres befunden hatte. Die Abstufung wurde damals ähnlich begründet wie die gestrige von Moody's. Nämlich damit, dass die Konstruktion des Euro-Rettungsschirms eine Schuldenrestrukturierung wahrscheinlich mache. Mit dem Unterschied, dass die Moody's-Bewertung nun um zwei Stufen schlechter ist. Hingegen begründete S&P den stabilen Ausblick damit, dass die irische Wirtschaft kurz davor stehe, sich von einem der schärfsten, je in einem Industrieland beobachteten Einbrüche zu erholen.

IWF sieht positive Entwicklung

Der internationale Währungsfonds (IWF), die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) nähren die Argumente aller Ratingagenturen. Das Triumvirat überwacht die Umsetzung der geforderten Maßnahmen im Rahmen des Hilfsprogrammes. Am Freitag veröffentlichten sie ihren ersten gemeinsamen Zwischenbericht. Dieser attestiert der Regierung „bestimmtes Handeln“ in einem unsicheren Umfeld.

Irland mache große Fortschritte bei der Überwindung der „schlimmsten Krise seiner jüngeren Vergangenheit“. Das Triumvirat sagt exportgetriebenes Wirtschaftswachstum voraus, das aber weniger stark ausfällt als gedacht. Der Inlandskonsum werde weiterhin schrumpfen, allerdings langsamer. Es finden sich also die Hauptargumente aller Ratingagenturen in den Argumenten im Bericht der drei Beobachter wieder. Es ist faszinierend, welch unterschiedliche Schlüsse daraus gezogen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2011)

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