16 Großbanken unter Kartellverdacht

(c) AP (Michael Probst)
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Die EU startet Ermittlungen und knöpft sich 16 Banken wegen des schwer durchschaubaren Marktes für Kreditausfallversicherungen vor. Diese Finanzprodukte haben die Krise des Euro verschärft.

Wien. Die Liste der 16 internationalen Großbanken, die von der EU-Kommission unter die Lupe genommen werden, liest sich wie ein „Who is Who“ der Finanzbranche: Betroffen sind aus den USA die Bank of America, Goldman Sachs, Citigroup und JP Morgan. In Großbritannien müssen sich Barclays und HSBC rechtfertigen. In Deutschland gibt es Vorwürfe gegen Deutsche Bank und Commerzbank. In der Schweiz stehen UBS und Credit Suisse am Pranger. Gegen österreichische Banken laufen keine Ermittlungen.

Die EU-Kommission wirft den 16 Instituten vor, sich bei den berüchtigten Kreditausfallversicherungen („Credit Default Swaps“, kurz CDS genannt) abgesprochen zu haben. Diese spekulativen Finanzprodukte werden von vielen Regierungen als Teufelszeug gebrandmarkt, weil sie die Eurokrise verschlimmert haben sollen.


„Massenvernichtungswaffen“
Mit CDS sichern sich Anleger gegen eine Pleite einer Firma oder eines Staates ab. In den Verruf sind die Wertpapiere geraten, weil sie zuletzt von Hedgefonds eingesetzt wurden, um auf eine Pleite von Griechenland und Portugal zu wetten. Wegen der krisenverschärfenden Wirkung fordern Politiker ein Verbot von CDS. Der US-Investor Warren Buffett nannte sie sogar „Massenvernichtungswaffen“.

Auch Österreich machte mit Kreditausfallversicherungen negative Erfahrungen. Im Frühjahr 2009 schossen die Preise für CDS auf österreichische Anleihen in die Höhe und erreichten das Niveau von Griechenland.

Anleger spekulierten damals auf eine Pleite Österreichs, weil die Wiener Banken in Osteuropa ein besonders hohes Kreditvolumen ausständig haben. Die Wiener Regierung musste schnell handeln. Gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Union wurde ein milliardenschweres Hilfspaket für Osteuropa geschnürt. Gleichzeitig erhielten Österreichs Großbanken vom Staat Unterstützung in Milliardenhöhe. Erst nach diesen Maßnahmen beruhigte sich die Situation.

Ein Problem ist, dass der CDS-Markt nicht allzu transparent ist. Kreditausfallversicherungen werden nicht an einer Börse gehandelt, sie können direkt bei Banken oder bei speziellen Gesellschaften gekauft werden.

Eine wichtige Rolle spielt dabei der britische Datenanbieter Markit. Wer Informationen zu bestimmten CDS braucht, ist im Wesentlichen auf Markit angewiesen. Die EU-Wettbewerbskommission prüft nun, ob die Banken mit der britischen Firma illegale Absprachen getroffen haben, um Informationen über CDS zu kontrollieren. „Mangelnde Markttransparenz kann zu missbräuchlichem Verhalten führen“, sagte EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia: „Ein Eingreifen der Kommission ist daher geboten.“

Die jüngsten Entwicklungen hätten gezeigt, dass der Handel mit diesen Finanzinstrumenten verbesserungswürdig sei, „was über aufsichtsrechtliche Maßnahmen allein nicht zu erreichen ist“, bekräftigte Almunia.


Sonderkonditionen für Banken?
In einer zweiten Untersuchung geht es um die Firma „ICE Clear Europe“. Diese soll den wichtigsten Banken bei der Abwicklung von CDS-Geschäften Sonderkonditionen gewährt haben. Dies berge die Gefahr, dass für andere Unternehmen ein „erfolgreicher Markteintritt kaum mehr möglich ist“, kritisiert die EU. Im Extremfall droht den betroffenen Finanzinstituten eine Strafe von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes. Die Banken äußerten sich am Freitag nicht zu den Vorwürfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2011)

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