Die Schweiz könnte den Franken-Höhenflug mit drastischen Negativzinsen für Franken-Guthaben von Ausländern stoppen, meint der Banker Christoph von Bonin im Gespräch mit der "Presse".
Wien/Ju. Drastische Schritte der Schweizerischen Nationalbank gegen den anhaltenden Höhenflug des Schweizer Franken erwartet die Finanzbranche: Weil die traditionelle Form der Notenbankintervention den Franken nicht bändigen könne, werde die Schweiz bald schwere Geschütze auffahren, meinte der Chef des Asset Management der Liechtensteinischen Landesbank in Österreich, Christoph von Bonin, im Gespräch mit der „Presse“.
Auf dem Markt diskutiert würden derzeit eine Bindung des Schweizer Franken an den Euro (was wegen der Aufgabe der Finanzsouveränität politisch aber wohl nur schwer durchsetzbar sei) und die Einführung von sehr hohen „Strafzinsen“ auf die Franken-Guthaben von Ausländern.
Erprobtes Mittel
Letzteres ist erprobt und hat schon einmal gewirkt: Um Spekulationen gegen die Landeswährung zu verhindern, hatte die Eidgenossenschaft von 1964 bis 1966 und von 1971 bis 1979 auf Franken-Guthaben von Ausländern Negativzinsen in Höhe von bis zu zehn Prozent pro Quartal erhoben. Diese De-facto-Enteignung von Auslandsguthaben machte die Flucht in den Franken unmöglich – und half mit, den auch damals zu stark gestiegenen Franken wieder herunterzubringen.
Mit „traditionellen“ Interventionen – also Fremdwährungskäufen – hat die Schweizer Nationalbank im ersten Halbjahr 10,8 Mrd. Franken Verlust eingefahren, weshalb diese praktisch eingestellt wurden. Der jüngste Schritt, die Zinsen auf praktisch null zu senken, hat seine Wirkung ebenfalls verfehlt: Wer aus Sicherheitsüberlegungen aus Dollar und Euro flüchtet, stößt sich vorübergehend an Nullzinsen nicht.
Der Euro ist zuletzt trotz der Nullzinspolitik der Schweizer auf rund 1,05 Franken gefallen, was einem Wertverlust von fast 40 Prozent gegenüber der Schweizer Währung in den vergangenen Monaten entspricht. Das trifft vor allem die zahlreichen Franken-Kreditnehmer in Österreich, deren Schuld sich in Euro um eben diesen Prozentsatz erhöht hat.
Für die hat Bonin eine beruhigende Nachricht: Der Schweizer Franken sei um gut 30 Prozent überteuert – und werde deshalb nicht auf dem derzeitigen hohen Niveau bleiben. Kurzfristig werde es allerdings noch ein wenig in die falsche Richtung gehen: Der Markt spekuliere auf Währungsparität mit dem Euro, weshalb diese auch erreicht werden dürfte. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass der Euro für einige Zeit sogar unter die Franken-Parität fällt.
Mittelfristig werde es aber wieder in Richtung des fundamental gerechtfertigten Kursniveaus gehen. Auf dem derzeitigen Niveau sollten Franken-Kreditnehmer deshalb auch nicht mehr in Euro konvertieren: Wer bisher nicht gehandelt habe, der müsse weitere fünf bis sechs Prozent Kursverlust auch noch aushalten, bevor es in die Gegenrichtung gehe. So sei das eben bei Devisen-Terminspekulationen – und nichts anderes sei ein Fremdwährungskredit.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2011)