Österreich: „Kurze, kleine Rezession“

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Das Wirtschaftsforschungsinstitute (Wifo) hält einen BIP-Rückgang für „denkbar“ – und folgt damit dem deutschen Tenor von der „Winterdelle“. Schon das Wachstum im zweiten Quartal war niedriger als erwartet.

Wien/Gau. Man kann auch die Ankunft eines Schreckgespenstes so verkünden, dass sich niemand mehr davor fürchtet. Diesen Tonfall zu treffen, versuchen zur Zeit die deutschen und österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitute. Eben erst haben die Forscher des IWH Halle prognostiziert, dass die deutsche Wirtschaftsleistung in den kommenden beiden Quartalen um je 0,1 Prozent schrumpfen wird. Rein technisch wäre ein Rückgang über ein halbes Jahr schon eine Rezession zu nennen. Aber weil es um so wenig geht, redet man doch lieber von einer „Winterdelle“.
Am gestrigen Freitag stieß Marcus Scheiblecker vom Wifo ähnlich sanft ins gleiche Horn: Österreich erlebe einen „normalen Konjunkturabschwung“. Freilich könne es in seinem Verlauf auch zu einer „kurzen, kleinen Rezession“ kommen.
Auch solche Euphemismen könnten manche verunsichern. Dabei ist die Unsicherheit, wie es in der Euro-Schuldenkrise weitergeht, das Hauptargument für die immer pessimistischeren Prognosen. Unternehmen halten sich mit Investitionen, private Haushalte mit dem Konsum zurück. Die IWH-Forscher unterstellen, dass die Unsicherheit ab Frühling einer neuen Zuversicht weichen wird.
Ähnlich das Wifo: Wenn die heikle, von Euro-Rettungsschirm und Zentralbank gestützte Balance erhalten bleibt, wird das Basisszenario „wieder zur realistischen Variante“, sagt Scheiblecker zur „Presse“ – aber dahinter, gesteht er ein, stehe „nur Hoffnung“.
Einen echten externen Schock, der die Ängste zur Realität werden lässt, rechnet das Wifo nicht durch: „Ein Erdbeben kann auch immer stattfinden, das haben wir nicht drinnen.“ Zu vielfältig wären auch die Szenarien: dass Deutschland sich vom Rettungsschirm verabschiedet, dass Griechenland ungeschützt in die Insolvenz schlittert, dass die Banken sich gegenseitig kein Geld mehr leihen oder die Zinsen wegen des höheren Risikos für Anleger stark steigen – all diese Katastrophenfälle könnten die Wirtschaftsentwicklung jedenfalls noch weit negativer beeinflussen.
Neben der Unsicherheit gibt es aber auch handfeste Gründe für die aktuelle Abschwächung mit Rezessionspotenzial. Sowohl Deutschland als auch Österreich sind stark exportorientiert.
Zwar ist die Dynamik im Handel mit Schwellenländern und auch mit Nordamerika fast ungebrochen, aber die Ausfuhren in die anderen Euroländer schwächeln. Wenn Franzosen, Italiener und Spanier sparen und höhere Steuern zahlen müssen, fehlt ihnen das Geld für Autos, Maschinen und Urlaub. Darunter leiden die österreichische Zulieferindustrie und der Tourismus.

Zweites Quartal korrigiert

Schon das Wachstum im zweiten Quartal war niedriger als in der Wifo-Schnellrechnung erwartet: Statt um 1,0 wuchs Österreichs BIP nur um 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Allerdings war die Wirtschaft zum Jahresstart mit 3,1 Prozent noch sehr stark gewachsen.  Vor allem die Exporte schwächten sich in der Folge ab; der Konsum aber glich seinen leichten Rückgang des ersten Quartals trotz inflationsbedingt sinkender Reallöhne wieder aus.

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