Experten verstehen oft nicht, wie ETFs funktionieren

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Indexfonds: Exchange Traded Funds (ETFs) werden von vielen Finanzberatern nicht angeboten, weil sie den Aufbau der Fonds nicht verstehen. Besonders ETFs auf Derivatebasis dürften mehr Risiko als Chancen mit sich bringen.

Wien/Reuters. Börsenotierte Indexfonds (ETFs) sind sogar für viele Finanzberater ein fragwürdiges Produkt. Die Berater durchschauen zum Großteil nicht, wie die Strukturen dahinter genau funktionieren, sagt Paul Stanfield, Geschäftsführer des europäischen Verbands unabhängiger Finanzberater, „Feifa“. Dieser Grund wiegt als Erklärung dafür, warum die meisten keine ETFs vermitteln, deutlich schwerer als die unattraktiven Vertriebsvergütungen. Die ETF-Anbieter sollten Berater deshalb besser schulen und ihnen mehr Informationen bieten.

Die Federation of European Independent Financial Advisers (Feifa) vertritt unabhängige Berater aus ganz Europa. Dem Verband gehören vor allem Vermittler an, die auf Provisionsbasis arbeiten, aber auch Honorarberater. Er hat 26 Mitgliedsunternehmen mit insgesamt rund 300 Beratern. Diese beraten Anleger mit einem investierten Vermögen von etwa 2,5 Milliarden Euro. Die Organisation verfolgt zwei Hauptziele: Zum einen will sie Beratern besseren Zugang zu Finanzprodukten und deren Anbietern verschaffen. Zum anderen macht sie sich dafür stark, dass ihre Mitglieder besser geschult werden.

Vor Kurzem hat die Feifa ihre Mitglieder dazu befragt, inwieweit sie für ihre Anleger börsenotierte Indexfonds kaufen oder künftig kaufen wollen. „Momentan nutzt keines unserer Mitglieder ETFs“, sagt Stanfield. Etwa zwanzig Prozent denken darüber nach, diese Fonds künftig einzusetzen. Aber für 80 Prozent sind sie generell uninteressant.

Risiko Emittentenausfall

Skeptisch beurteilen die Berater Stanfield zufolge vor allem ETFs auf Derivatebasis. Diese börsenotierten Indexfonds kaufen die Wertpapiere der zugrunde liegenden Indizes nicht, sondern vollziehen deren Wertentwicklungen über Swap-Derivate nach. Die Berater hielten sich dabei zurück, weil dadurch das Risiko eines Emittentenausfalls bestehe. Wenn die ETF-Anbieter mit unabhängigen Beratern Geschäfte machen wollen, müssten sie diese besser aufklären. Die ETF-Branche begründet den geringen Anklang der Fonds bei Finanzberatern in der Regel damit, dass ETFs im Unterschied zu anderen Finanzprodukten keine oder sehr geringe Vertriebsvergütungen zahlen. Das macht sie weniger attraktiv für provisionsabhängige Vermittler – also die Mehrheit der Berater in Europa. Allerdings erhofft sich die Branche durch neue regulatorische Vorgaben eine Wende. So wird 2012 in Großbritannien die Vermittlerrichtlinie Retail Distribution Review (RDR) in Kraft treten. Diese soll dafür sorgen, dass Berater Anlegern die günstigsten Produkte vermitteln. Dadurch soll das Beratergeschäft nicht mehr von Provisionen getrieben sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2011)

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