Amerikaner ziehen massiv Geld von europäischen Banken ab

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Anleger verlieren Vertrauen in US-Töchter der europäischen Banken. Die Einlagen haben sich von 879 Mrd. Dollar (675 Mrd. Euro) auf 677 Mrd. Dollar verringert.

Wien/Apa/Dpa. Verunsicherte US-Kunden scheinen wegen der Krise der EU und des Euro den europäischen Banken und deren Töchtern in den USA nicht mehr zu vertrauen. Die „Financial Times“ berichtete am Donnerstag unter Berufung auf Daten der US-Notenbank Federal Reserve, dass die Amerikaner in den vergangenen sechs Monaten mehr als ein Viertel ihrer Einlagen bei US-Töchtern nicht amerikanischer Institute abgezogen haben. Die Einlagen haben sich von 879 Mrd. Dollar (675 Mrd. Euro) auf 677 Mrd. Dollar verringert. Besonders betroffen seien europäische Banken.

Bei der Deutsche-Bank-Tochter Americas Trust gingen die Einlagen im dritten Quartal um 2,1 Mrd. Dollar oder 6,8 Prozent zurück, wie die „Financial Times“ unter Berufung auf vom Institut an den US-Einlagensicherungsfonds FDIC gemeldete Daten schrieb. Bei der US-Tochter der britischen Großbank Barclays sanken die Kundengelder um knapp 400 Mio. oder 5,6 Prozent.

Auch viele Unternehmen, die bisher mit nicht amerikanischen Instituten zusammengearbeitet hätten, würden sich angesichts der immer schlechteren Nachrichten aus Europa nach „etwas Sicherem“ umsehen, zitiert die „Financial Times“ einen Analysten von Wells Fargo. Diese Bank gehört gemeinsam mit JP Morgan zu den größten Gewinnern der Flucht aus Europa. Der Einbruch der Einlagen resultiert aber nicht nur aus dem gestiegenen Misstrauen. So verkleinern etwa viele Institute wie die britische HSBC und die niederländische ING ihr US-Geschäft. Zudem gilt das von den internationalen Banken dominierte Geschäft mit langfristigen Sparprodukten in den USA wegen niedriger Zinsen derzeit als wenig attraktiv.

Erste behält Kunden „gern“

In Europa wiederum sind es die Banken, die das Vertrauen in US-Kunden verlieren. Grund dafür sind verschärfte Meldepflichten, die das FACTA-Abkommen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung vorsieht. Vor allem deutsche Großbanken wie etwa die Deutsche Bank und HVB/UniCredit haben gestern bestätigt, dass sie Wertpapierdepots amerikanischer Staatsbürger in Europa reihenweise kündigten.

Der bürokratische Aufwand für diese sogenannten Offshore-Depots stehe in keinem Verhältnis mehr zu den Gewinnen daraus, lautete ihre Begründung. Die Erste Group erklärte am Donnerstag, dass man das Abkommen erfüllen und die verlangten Meldungen machen werde. US-Kunden würde man aber nicht vor die Tür setzen: „Wir behalten unsere Kunden gern“, sagte ein Sprecher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2011)

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