AWD muss wegen Falschberatung 36.000 Euro zahlen

Der Finanzdienstleister hat einen Prozess gegen den VKI verloren
Der Finanzdienstleister hat einen Prozess gegen den VKI verloren(c) APA (Barbara Gindl)
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Kundin glaubte, dass Immofinanz-Aktien „das Gleiche wie Bausparen“ wären. Das OLG Wien hat "grob sorgfaltswidrige" Beratung festgestellt.

Wien/Apa/B.l. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat einen Sieg in einem Musterprozess gegen den Finanzdienstleister AWD errungen: Das Oberlandesgericht Wien hat ein Urteil des Handelsgerichts Wien bestätigt, wonach eine AWD-Kundin „grob sorgfaltswidrig“ beraten wurde.

Die Frau hatte auf Anraten eines AWD-Beraters in den Jahren 2005 und 2006 Immofinanz-Aktien erworben. Der Berater will sie laut Gesprächsprotokoll informiert haben, dass es sich um Aktien handle und das Risiko eines Totalverlusts bestehe. Die Frau gab jedoch an, der Berater habe gesagt, er brauche ihre Unterschrift nur zur Bestätigung ihrer Anwesenheit. Auch habe sie angenommen, die Risikohinweise würden sich nicht auf sie beziehen, da sie ja keine Aktien wollte. Sie habe vielmehr eine Anlage gewünscht, die sicher sei wie ein Bausparvertrag, nur mit höheren Zinsen. Der Berater habe daraufhin zu den Immofinanz-Aktien geraten.

Anfang 2006 kostete die Immofinanz-Aktie etwa acht Euro, bis Mitte 2007 stieg sie auf zwölf Euro an. Im Zuge der Finanzkrise und Malversationen durch das damalige Management stürzte der Kurs bis Herbst 2008 auf 26 Cent ab. Inzwischen kostet das Papier wieder 2,66 Euro.

Die Konsumentin will erst Anfang 2009 erfahren haben, dass sie Verluste erlitten habe. Sie brach ihre Kontakte zum AWD ab und wandte sich an den VKI. Dieser klagte. Der AWD wandte ein, die Frau treffe eine Mitschuld, weil sie die Risikohinweise nicht gelesen habe. Auch seien ihre Ansprüche verjährt. Das Wiener Handelsgericht und das Oberlandesgericht Wien gestanden der Frau zu, dass sie keine Kenntnisse über Wertpapiere hatte, und verurteilten den AWD zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 36.000 Euro.

AWD: „Einzelfallkonstellation“

Beim VKI sieht man den Fall als „typisch“: Zuerst präsentiere sich der AWD als „unabhängiger Finanzoptimierer“, der alles in die Hand nehme, komme es aber zu Verlusten, heiße es, der Kunde hätte sich informieren sollen. Der AWD sieht das anders: Es handle sich um eine „besondere Einzelfallkonstellation“. Mit seiner Sammelklage gegen den AWD sei der VKI bisher gerichtlich nicht durchgedrungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2012)

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