Neue Regeln für ETF: "Großer Wurf ist ausgeblieben"

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Die europäische Finanzaufsicht ESMA hat kürzlich Regulierungsvorschläge für börsenotierte Indexfonds vorgelegt. An ihnen gab es zuletzt immer mehr Kritik. Beobachtern gehen die Ideen aber nicht weit genug.

Wien/Weber. Börsenotierte Indexfonds (ETF) werden bei Anlegern immer beliebter. Während die deutsche Fondsbranche im vergangenen Jahr bei klassischen Investmentfonds Mittelabflüsse von 24 Mrd. Euro registrierte, investierten Anleger netto 7,4 Mrd. Euro in ETF, trotz großteils fallender Kurse.

Kein Wunder: Die Fonds sind günstig, weil sie einen Index stur abbilden und die Anbieter deswegen keine teuren Manager bezahlen müssen. Und Letztere konnten im turbulenten Börsenjahr 2011 den Markt oftmals auch nicht schlagen.

Immer öfter wurde in der Vergangenheit aber Kritik an ETF laut, weil sie von den Anbietern immer komplizierter konstruiert wurden. So müssen in einem ETF, der den ATX abbildet, nicht zwangsläufig auch österreichische Aktien enthalten sein. In so einem Fall wird die Entwicklung des Index „synthetisch“ nachgebildet.

Anbieter leihen sich Aktien

Laut dem Financial Stability Board ergeben sich durch synthetische ETF Risken, weil sich die Banken dafür untereinander Wertpapiere leihen. Schlittert einer der Vertragspartner in die Pleite, kommt es am anderen Ende der Kette zu Problemen. Doch auch „voll replizierende“ Fonds, die einen Index exakt nachkaufen, verleihen ihre Wertpapiere für zusätzliche Erträge oft an andere Marktteilnehmer. Die European Securities and Markets Authority (ESMA), ein europäischer Börsenregulator, hat kürzlich Vorschläge dazu abgeliefert, wie man die Fonds für Anleger und alle anderen Marktteilnehmer sicherer machen kann. Sie schlägt unter anderem vor, die Wertpapierleihe zu begrenzen. Konkrete Vorschläge gibt es jedoch kaum. Sie bittet Branchenvertreter lediglich um Stellungnahmen.

Diese nimmt die ESMA bis Ende März entgegen. Bis zum Sommer sollen dann die endgültigen Regeln stehen. Offen ist zum Beispiel noch die Frage, ob eine Bank, die über eine Tochtergesellschaft ETF anbietet, gleichzeitig als ihr Tauschpartner für synthetische ETF auftreten darf. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich hält dieses Modell für gefährlich, weil es zu Interessenkonflikten kommen könnte. Diese Konstellation ist in Europa momentan aber gang und gäbe.

Branchenbeobachtern gehen die Vorschläge der ESMA nicht weit genug. „Der große Wurf, den viele erwartet haben, ist ausgeblieben“, findet etwa Detlef Glow vom Datenanbieter Lipper.

Erleichtert zeigten sich hingegen Anbieter von Indexfonds, denn die Pläne gehen nicht so weit wie von einigen befürchtet. „Für Anbieter von synthetischen ETF wird sich wenig verändern, denn die meisten Emittenten setzen die geplanten Änderungen bereits um“, so Simon Klein, Europa-Chef von Lyxor ETF.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2012)

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