Börsegang-Flop: Wenn Computer Humor beweisen

BoersegangFlop Wenn Computer Humor
BoersegangFlop Wenn Computer Humor(c) EPA (Justin Lane)
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Bisher lebte die US-Börse Bats von superschnellen Handelscomputern. Am Freitag stürzten genau jene Computer die Firma in den Abgrund.

An den Börsen regieren Maschinen. Von Mathematikern mit Algorithmen gefüttert handeln sie Aktien, Futures und Anleihen vollautomatisch bis zu 29.000 Mal in der Sekunde – am Ende ist ihr Besitzer meist um ein paar Cent reicher. So weit, so langweilig. Doch die Computer an der Börsen haben offenbar auch einen gewissen Sinn für Humor: Am Freitag stürzten sie etwa just jenes Unternehmen in den Abgrund, das bisher sein sein komplettes Geschäft auf dem umstrittenen Hochfrequenzhandel aufgebaut hat.

Die tragische Figur in dieser Geschichte ist das „Better Alternative Trading System“, kurz BATS, der mittlerweile drittgrößte Aktien-Handelsplatz in den USA. Gegründet von einem Hochfrequenzhändler wollte die Börse am Freitag selbst an die Börse gehen. Doch statt den angestrebten 18 Dollar je Aktie war das Bats-Papier innerhalb weniger Stunden auf vier Cent abgestürzt. Die Börse musste ihren eigenen Börsegang abblasen, das Fiasko war perfekt. Schuld daran: die superschnellen Handelscomputer, denen Bats seinen bisherigen Erfolg zu verdanken hatte. Kurz nach 10.45 Uhr habe der Fehler auf alle Papiere mit Aktiensymbolen von A bis BFZZZ übergegriffen, räumte das Unternehmen später ein. Nicht nur die Bats-Aktie kam ins Trudeln, auch das Papier von Apple verlor im „Flash-Crash“ in wenigen Minuten 55 Dollar oder neun Prozent an Wert. Die Deals wurden zwar rückgängig gemacht, für Bats fangen die Probleme aber erst an.

Nicht nur das geplatzte Börsendebüt dürfte dem Handelsunternehmen teuer zu stehen kommen, auch der Hochfrequenzhandel kommt so wieder ins Gerede. Denn neu sind die Probleme mit dem automatischen Blitzhandel nicht: Als die Börsen 1987 an einem einzigen Tag um 22 Prozent einbrachen, machten viele jene Computerprogramme zur zur Portfolioabsicherung verantwortlich, die Aktien einfach abstoßen, wenn der Kurs unter eine bestimmte Grenze fällt. Im Mai 2010 vernichtete derartiger ein „Flash-Crash“ an der New Yorker Wall Street binnen weniger Minuten fast 1000 Mrd. Dollar an Marktwert. Dennoch hat der computergestützte Handel an den Aktienmärkten eigentlich Hochkonjunktur. In nur fünf Jahren verdoppelte sich der Anteil der Papiere, die nicht mehr von Menschen, sondern von superschnellen Computern hin- und herbgeschoben werden auf 60 Prozent. Das System dahinter ist einfach: Hochfrequenzhändler überfluten den Markt mit Kauf- und Verkaufsorders, um nach geringsten Preisunterschieden zu suchen. Kann der Computer etwa ein Euro-Future in Hongkong um 0,0003 Cent billiger kaufen, als er es zur selben Zeit in New York verkaufen kann, schlägt er zu und streift die Differenz ein.

Die US-Börsenaufsicht SEC ermittelt derzeit – unter anderem gegen Bats –, um herauszufinden, ob andere, langsamere Händler dadurch systematisch benachteiligt werden. Doch noch streiten Experten darüber, ob der Hochfrequenzhandel wirklich ein Problem ist. Er bringe erst die nötige Liquidität, argumentieren Befürworter. Sie werden es künftig deutlich schwerer haben: Wenn eine Börse sich selbst vernichtet, kann das kein gutes Zeichen sein.

E-Mails an: matthias.auer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2012)

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