Facebook-Flop: Morgan Stanley verschreckte Anleger

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FacebookFlop Morgan Stanley verschreckte(c) AP (Richard Drew)
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Unmittelbar vor dem Sprung an die Börse senkte die Bank, die den Börsegang begleitete, die Umsatzprognose für das Online-Netzwerk.

Im Trauerspiel um den Börsengang von Facebook richtet sich der Blick enttäuschter Anleger zunehmend auf die Bank Morgan Stanley. Unmittelbar vor dem Sprung auf das Börsenparkett senkte das Kreditinstitut, das den IPO begleitete, Anlegern zufolge die Umsatzprognose für das Online-Netzwerk. "Das passierte noch während der Werbetour - so was habe ich in den vergangenen zehn Jahren nicht erlebt", sagte ein Insider bei einer Fondsgesellschaft, die von Morgan Stanley über die korrigierte Vorhersage informiert worden war.

Nach Ansicht von Investoren hat Morgan Stanley damit Anleger verschreckt und zu dem schwachen Börsendebüt beigetragen. Auch wenn Analysten unabhängig agieren, versuchen Emissionsbanken in der Regel, ein Unternehmen vor dem IPO in möglichst positives Licht zu rücken.

Ein ungewöhnlicher Schritt

Finanzkreisen zufolge senkte Morgan Stanleys Internet-Analyst Scott Devitt seine Umsatzprognose für Facebook für das zweite Quartal deutlich und trat auch bei den vorhergesagten Einnahmen für das Gesamtjahr auf die Bremse. "Diese Verlangsamung regte viele Leute auf", sagte ein Investor. Für Analysten der führenden Konsortialbanken seien solche Anpassungen unmittelbar vor dem Börsengang sehr ungewöhnlich, bestätigte auch Scott Sweet von der Gesellschaft IPO Boutique. Emissionsbanken geben in der Regel bis zu 40 Tage nach Handelsbeginn keine Kommentare zu den eingeführten Aktien ab.

Auch JPMorgan und Goldman Sachs, die ebenfalls an der Emission beteiligt waren, senkten Kreisen zufolge ihre Vorhersagen. Grundlage seien die bei der Börsenaufsicht SEC eingereichten, geänderten Unterlagen von Facebook gewesen. Die Firma von Mark Zuckerberg habe darin ihre Zurückhaltung in Bezug auf das Umsatzwachstum gezeigt, da immer mehr Nutzer auf mobile Geräte zurückgriffen. Mit Internet-Werbung auf Mobiltelefonen lässt sich aber weniger Geld verdienen als mit Werbebannern auf Computerseiten.

Aktie rutscht in Frankfurt weiter ab

Auch am Dienstag war kein Ende des Katzenjammers bei den Facebook-Aktionären in Sicht. Die in Frankfurt gehandelten Aktien rutschten zum Handelsauftakt um weitere knapp fünf Prozent auf 26,15 Euro ab und lagen zu Mittag noch 2,5 Prozent im Minus. Die Papiere waren zu 38 Dollar ausgegeben worden und debütierten am Freitag an der Technologiebörse Nasdaq. Am ersten Handelstag schloss das mit Euphorie erwartete Papier nur mit Hilfe von Stützungskäufen durch Konsortialführer Morgan Stanley leicht über 38 Dollar und stürzte am Montag in New York zeitweise um fast 14 Prozent auf 33 Dollar ab.

Der heiß ersehnte Börsenstart war von technischen Problemen überschattet worden. Der Handel begann mit Verzögerung und es gab Orderprobleme. Einige Beobachter bezeichneten auch den Ausgabepreis von 38 Dollar zu hoch. Der Preis war noch kurz vor dem IPO angehoben und auch die Zahl der zum Verkauf stehenden Aktien ausgeweitet worden.

Wann wagt Twitter Schritt an die Börse?

Beobachter befürchteten von der Facebook-Misere Auswirkungen auf künftige Börsengänge von Internetfirmen. Doch Risikokapitalgeber im Silicon-Valley versuchten am Dienstag, Gelassenheit zu verbreiten. Er glaube nicht, dass dadurch der IPO-Markt hart getroffen werde, sagte etwa Dixon Doll von DCM. "Banker werden das Beispiel als Erinnerung für Firmen nutzen, dass sie beim Preis nicht zu hoch greifen sollten", sagte der IPO-Experte Tom Taulli. "Die Devise 'der Himmel ist die Grenze' gilt nicht mehr."

Damit könnte sich der Druck auf den Kurznachrichtendienst Twitter erhöhen, den Ausgabepreis bei einem Börsengang nicht zu hoch zu treiben. Viele Investoren erwarten, dass der Dienst im nächsten Jahr oder Anfang 2014 an die Börse geht - ebenfalls mit milliardenschwerer Bewertung, trotz niedriger Umsätze.

Nasdaq: "Nicht unsere Sternstunde"

Bereits am Sonntag hatte sich der Chef der US-Technologiebörse Nasdaq, Robert Greifeld, für die technischen Probleme beim Börsengang des sozialen Internet-Netzwerks Facebook entschuldigt. "Das war nicht unsere Sternstunde", sagte Greifeld mehreren US-Zeitungen. Der Beginn des Börsengangs am Freitag hatte um fast eine halbe Stunde verschoben werden müssen, offenbar wegen der schieren Masse der Kauf- und Verkaufsorders. Die Probleme hätten den Kurs der Facebook-Aktie aber nicht beeinflusst, beteuerte Greifeld.

Dem Chef der Börse zufolge lag die Ursache in einer Verzögerung von zwei Millisekunden bei der Berechnung des Preises zur Eröffnung, was dazu führte, dass ungewöhnlich viele Orders wieder storniert wurden. Umfangreiche Test vor dem Börsengang hätten dieses Problem nicht gezeigt. "Wir haben den Facebook-Börsengang schlecht vorbereitet", sagte Greifeld. Die Probleme seien "echt", und die Nasdaq müsse sich hier klar verbessern.

(Ag.)

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