Konzerne sitzen auf vollen Geldsäcken

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Die gute Geschäftslage Ende 2011 ermöglichte börsenotierten Unternehmen den Aufbau hoher Barbestände. Bei Investitionen herrscht Zurückhaltung. Es investieren vor allem Global Player wie VW und Deutsche Telekom.

Wien/Eid. Krise? Welche Krise? So lautete die Frage vieler Unternehmer zum Jahreswechsel 2011/12: Volle Auftragsbücher und hohe Erlöse deuteten auf eine Abkoppelung der Realwirtschaft von den Finanzmärkten hin. Die gute Geschäftslage ermöglichte es den Unternehmen aber auch, Geld zu hamstern, falls es – wie befürchtet und nun eingetreten – ab Jahresmitte 2012 wieder bergab gehe.

Diese Entwicklung spiegelt exakt der jüngste Liquiditätsreport des Unternehmensberaters PricewaterhouseCoopers (PWC) wider. „Die Cashbestände der österreichischen Konzerne haben Ende 2011 mit 8,255 Mrd. Euro das Vorkrisenniveau weit übertroffen“, erklärte Jörg Busch, Partner bei PWC-Österreich, am Dienstag.

Strabag hat das meiste Geld

Getragen wurde dieser Kapitalaufbau von der Erholung des laufenden Geschäfts gegen Jahresende: Mit 3,332 Mrd. Euro hat die „Österreich AG“ den höchsten Cashflow seit 2008 erwirtschaftet. Besonders gut lief das bei der Telekom Austria, die mit 895 Mio. Euro vor der Strabag und der Immofinanz liegt. Verluste im laufenden Geschäft machen CA Immo, Agrana und Conwert.

Die Geldsäcke sind allerdings sehr ungleich verteilt, wie die Untersuchung der 107 im ATX und Prime Market sowie DAX und MDAX gelisteten Unternehmen zeigt: Fünf österreichische Unternehmen (Strabag, Andritz, Immofinanz, Wienerberger und Telekom Austria) verfügen über mehr als die Hälfte des Barvermögens. Ein ähnliches Bild zeigt sich in Deutschland: Da sind Volkswagen, Daimler und Siemens die Dagobert Ducks. Dünn ist der Geldpolster hingegen hierzulande bei Warimpex, Wolford und HTI mit nur sieben bzw. fünf Mio. Euro. Eine so dünne Liquidität könnte zur Stolperfalle werden, wenn auch noch eine Anleihe zu bedienen ist, meinte Busch.

Weniger gut steht die Telekom indes bei der Eigenkapitalquote da: Mit 11,9 Prozent liegt sie weit unter dem Schnitt von 42 Prozent und gehört mit HTI und Warimpex zu den Schlusslichtern. Quotenkaiser ist wie bei der letzten PWC-Studie das Glücksspielunternehmen Century Casinos (82,3 Prozent), vor Mayr-Melnhof und der Amag. Im Ländervergleich schneidet Österreich beim Eigenkapital deutlich besser ab als Deutschland, wo die durchschnittliche Quote bei 33,8 Prozent liegt. Dort liegt die Optikerkette Fielmann mit 75,8 Prozent an der Spitze.

„Hohe Geldreserven sind immer gut – ob als Sicherheit in einer Konjunkturflaute oder für Investitionen“, meinte Busch. Derzeit geht es den heimischen Konzernen offenbar eher ums Bunkern. Denn die Investitionen sind zwar mit 2,265 Mrd. Euro gegenüber den ersten beiden Quartalen 2011 gestiegen. Aber sie bewegen sich historisch gesehen auf durchschnittlichem Niveau und sind vor allem weit von den 3,538 Mrd. Euro von Ende 2010 entfernt. Am meisten investierte die OMV (685,3 Mio. Euro) vor der Telekom und dem Verbund.

„Bitte anschnallen“

„Es ist so wie im Flugzeug“, meinte Busch. „Da löst der Pilot das Anschnallzeichen aus, aber er weiß nicht genau, ob und wie stark die Turbulenzen kommen. Also heißt es Vorsicht und Ruhe bewahren.“

Obwohl die deutschen Konzerne deutlich investitionsfreudiger sind, ortet Busch dort dieselbe Einstellung. Es investieren vor allem Global Player wie VW, Deutsche Telekom und RWE – und zwar außerhalb Europas. Sie bauen auf Märkten in Schwellenländern ihre Position aus und nutzen die Krise auch als Chance für Zukäufe. Diese Strategie hält der PWC-Manager für richtig, denn die Chancen, dass sich der europäische Markt bald erholt, schätzt Busch als äußerst gering ein.

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