Platzt die gigantische Staatsanleihenblase?

(c) REUTERS (Ralph Orlowski)
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Viele Anleiherenditen haben überraschend ins Plus gedreht, das sorgt für Nervosität an den Märkten.

Während Anleger noch staunen, dass in der vergangenen Woche auch erstmals große Unternehmen negativ rentierende Anleihen auf dem Markt platzieren konnten, beginnen die Renditen auf dem Staatsanleihensektor überraschend in die andere Richtung zu laufen. Seit ziemlich genau einer Woche ist es hier mit der Praxis, dass man fürs Schuldenmachen auch noch Geld bekommt, vorbei. Der Kurs des deutschen Bund-Future sackte am vorwöchigen Donnerstag so stark ab, dass die deutsche Anleihenrendite erstmals seit vielen Monaten im positiven Bereich stand. Und dort hält sie sich nun schon sieben Handelstage.

Das Ganze ist aber kein deutsches Phänomen. Die Renditen zeigen weltweit stark aufwärts. Auch britische, japanische und amerikanische Staatsanleihen haben stark angezogen. Selbst die Rendite der zehnjährigen Schweizer Referenzanleihe liegt nicht mehr so tief im Minus wie noch vor einer Woche.

In den letzten beiden Tagen der abgelaufenen Woche hat sich die Lage zwar ein wenig entspannt. Aber der Markt reagiert doch sehr nervös. Die Frage ist, ob es sich um ein kurzfristiges Element der Verunsicherung handelt oder ob der Markt hier die Zinswende auszubilden beginnt.
Tatsächlich wird die heftige Reaktion auf den Anleihemärkten mit den von den Notenbanken ausgesendeten Signalen in Verbindung gebracht. So haben sich in den USA zuletzt Aussagen gehäuft, die den schon mehrmals aufgeschobenen nächsten Zinsschritt der Federal Reserve (eine Leitzinsanhebung um wahrscheinlich 0,25 Prozent) schon für die nächste Fed-Sitzung am kommenden Mittwoch erwarten. Befeuert wurden diese Überlegungen noch dadurch, dass die EZB die erwartete Verlängerung ihres Staatsanleihenaufkaufprogramms bei der letzten Sitzung nicht beschlossen hat.

Es gibt freilich auch nicht wenige Marktbeobachter, die meinen, dass die Fed ihren Leitzins auch in der kommenden Sitzung nicht hochbekommen wird und dass die EZB die Verlängerung ihres QE-Programms nur aufgeschoben hat. Was die Zinswende gleich wieder beenden würde.

Dass am Anleihemarkt trotzdem so große Nervosität herrscht, hat damit zu tun, dass die Anleihekurse derzeit auf historischen Höchstständen sind. Viele reden von der größten Spekulationsblase aller Zeiten. Platzt diese wegen einer plötzlichen, scharfen Zinswende, dann drohen den Finanzmärkten sehr ernste Turbulenzen. Nicht nur bei Anleihen. ju

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2016)

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