Lern-App: Gelderziehung ist ein Kinderspiel

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Lernspiel. Mit der App „Cure Runners“ lernen Jugendliche den Umgang mit Geld. In erster Linie soll das Spiel aber Spaß machen – ein schwieriger Spagat.

Wien. Wie bringt man Jugendliche dazu, für ein Lernspiel „Angry Birds“ oder „Candy Crush“ links liegen zu lassen? Man verrät ihnen am besten keinesfalls, dass es sich um ein Lernspiel handelt. In „Cure Runners“ schlüpft der Spieler in die Rolle eines Helden, der das Element Cure sammelt, um zu überleben und die Welt zu retten. Die Umsetzung erinnert an aktuelle Videospiele, und Kids scheinen das Spiel zu lieben. Innerhalb der ersten Woche wurde die kostenlose Smartphone-App mehr als 10.000 Mal geladen. Kein schlechter Schnitt für ein Spiel, das derzeit nur in Österreich erhältlich ist.

Von Freund zu Freund

Dass es sich eigentlich um ein Lehrprogramm für Finanzkompetenz handelt, wissen wohl die wenigsten Fans von „Cure Runners“. Verbreitet wird das Spiel in Jugendzentren von Mitarbeitern der Finanzkompetenz-Initiative Three Coins, die den wissenschaftlichen Teil zu dem Spiel des Wiener Studios Ovos beigetragen hat. „Wir lassen einfach ein bis zwei Kids mit dem Smartphone spielen“, erklärt Forschungsleiterin Anna Mostetschnig im Gespräch mit der „Presse“. Der Rest erledigt sich quasi von Freund zu Freund: „Das musst du auch ausprobieren.“

Aber kann ein Spiel wirklich Spaß machen und gleichzeitig den Umgang mit Geld lehren? Laut Mostetschnig gibt es sogar kaum einen geeigneteren Weg. Jugendliche mögen Smartphone-Spiele, und sie ermöglichen etliche Komponenten eines raschen Lernerfolgs: unmittelbares Feedback, langsame Schwierigkeitssteigerung und ein starkes Belohnungs- und Bestrafungssystem. Auf die Idee zu „Cure Runners“ ist Three Coins auf der Suche nach einem Weg zur Bekämpfung von Armut in Österreich gekommen. Eine der wichtigsten Ursachen für Armutsgefährdung ist mangelnde Kompetenz im Umgang mit Geld, und den ersten Kontakt mit dem Thema haben 14- bis 19-Jährige, wenn erstmals eigenes Geld verdient wird. Also genau die Zielgruppe, die man mit Spielen besonders gut erreicht.

Konsumdruck widerstehen

„Cure Runners“ vermittle kein abstraktes Finanzwissen, sondern ganz alltägliche Dinge, erklärt Mostetschnig, die sich mehr als eineinhalb Jahre wissenschaftlich mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Spieler lernen budgetieren, indem sie den Überblick über Sammlung und Verteilung von Cure bewahren müssen. Sie lernen Konsumdruck zu widerstehen – gibt der Spieler jeder Verlockung nach, schafft er es nicht, bis zum Ende durchzuhalten. Auch die genaue Prüfung von Verträgen ist in „Cure Runners“ ein Thema. „Im Gespräch mit Schuldnerberatern haben wir erfahren, dass gerade junge Mädchen hier sehr gefährdet sind“, sagt Mostetschnig. Sie würden oft von ihren Freunden zur Mitunterzeichnung von Kreditverträgen gebracht und stünden nach der Trennung mit hohen Schulden da. Auch Zahlungsprioritäten können Jugendliche häufig nicht richtig einschätzen. „Viele haben am Ende kein Geld mehr für Miete und Strom“, erklärt Mostetschnig. Auch hier versucht „Cure Runners“, die Spieler zu erziehen.

Natürlich sei man bei der Entwicklung auch an Grenzen gestoßen, meint die Expertin. Aspekte wie Schuldenfallen hätten einfach nicht in die Geschichte des Spiels gepasst. Und am Ende soll die App ja Spaß machen und der Lehrcharakter geheim bleiben. Letzteres ist aber auch ein Haken, weiß Mostetschnig. Der Lernerfolg ist nämlich am größten, wenn man auch bereit ist, etwas zu lernen. „Cure Runners“-Spieler wissen aber im Idealfall gar nicht, dass sie etwas lernen. Am Ende macht aber Übung den Meister: „Ich beobachte viele Kids, die nach einigen Levels das Spiel abbrechen und von vorne beginnen, um es besser zu machen“, sagt Mostetschnig. Vielleicht sollte es für Mathematik-Hausübungen auch eine Spiele-App geben.

CURE RUNNERS

Die App. „Cure Runners“ ist ein Spiel, das in Form einer App auf Smartphones geladen werden kann. Es steht kostenlos für Android und iPhone zur Verfügung.

Die Macher. Entwickelt wurde „Cure Runners“ von dem Wiener Studio Ovos, das auch hinter dem Physiklernspiel „Ludwig“ steckt. Die Finanzkompetenz-Initiative Three Coins hat das Lernkonzept hinter „Cure Runners“ erstellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2014)

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