Michael Keaton: „Eine Frage der Mathematik“

Michael Keaton
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Michael Keaton galt als abgehalftert, aber mit „Birdman“ hat sich alles geändert: Der 63-Jährige erlebt gerade eines der größten Comebacks der vergangenen Jahre.

„Birdman“ gilt als Ihre große Comeback-Rolle, obwohl Sie eigentlich immer kontinuierlich gedreht haben. Stört Sie das?

Michael Keaton: Nein, ich kann es verstehen. Denn ich hatte mich schon ein wenig zurückgezogen, weil es nicht genügend gute Rollen für mich gab. Die Leute waren nicht interessiert, mir was Besseres anzubieten. Das ist alles eine Frage der Mathematik: „Dein letzter Film hat nicht 150 Millionen Dollar eingespielt, also kriegst du die Rolle nicht.“ Aber ich finde es langweilig, mich darüber auszulassen. Und die Zahlen können sich ja jederzeit zu deinen Gunsten wenden.

Bei den Preisverleihungen ist das schon passiert. Einen Golden Globe haben Sie bereits, am 22. Februar wartet die Oscarverleihung auf Sie. Oder lässt Sie das kalt?

Nein, das bedeutet mir schon etwas. Wenn ich keine Nominierungen bekommen hätte, wäre das auch okay gewesen. Aber jetzt sage ich: Wow. Wobei ich deshalb keinen Salto schlage.

Können Sie sich diese Wendung erklären?

In den letzten Jahren habe ich mir gesagt: Meine finanziellen Verhältnisse sind geregelt, mein Sohn ist erwachsen, also kann ich meinen Fokus in punkto Arbeit neu einstellen. Ich habe Rollen gesucht, die weiter von mir entfernt waren, und ich dachte: Ich arbeite darauf hin, dass sie in meine Reichweite kommen. Ich halte mich für einen guten Schauspieler, und ich arbeite hart an mir. Besser kann ich's nicht erklären. Aber natürlich gehört auch viel Glück dazu – es muss ein guter Regisseur mir das passende Buch anbieten.

Waren Sie sich bewusst, dass dies die Rolle Ihres Lebens sein konnte?

Jetzt denke ich mir schon, dass ich vielleicht nie wieder eine Rolle dieses Kalibers bekomme. Vor dem Dreh war mir klar: Dieser Regisseur ist großartig, ebenso das Drehbuch. Und ich wusste, dass es hart werden würde. Aber Angst ist ein guter Motivationsfaktor. Bei den Drehs mit Tim Burton fühlte ich mich seinerzeit, als befände ich mich in großer Höhe mit dünner Luft. Und das gefiel mir. Und hier war es ganz ähnlich, wobei das Ganze auch hätte furchtbar schiefgehen können.

In einer spektakulären Szene laufen Sie in Unterhose über den Times Square. Hatten Sie da keine Bedenken?

Es ist verrückt, wie solche Sachen zustande kommen: Du liest das Drehbuch, denkst dir, das ist eine gute Szene. Du analysierst sie, überlegst: „Das darf ich nicht zu clownhaft anlegen.“ Aber irgendwie bist du dir nicht bewusst, was das bedeutet, oder du glaubst, das wird sich sowieso noch ändern. Dann gibt es lange Vorbereitungen und Proben, und plötzlich hast du nur eine Unterhose und lächerliche schwarze Socken an und begreifst: Moment mal, was zum Teufel habe ich mir dabei gedacht? Ich kann doch nicht in Unterwäsche über den Times Square laufen?! Aber während du dich das alles fragst, schaltet sich eine andere Bewusstseinsebene ein, und du überlegst einfach nicht weiter, realisierst nicht, dass dich links und rechts die Leute anstarren, sondern ziehst es einfach durch.

Wie Ihre Figur in „Birdman“ wurden Sie als Superheld bekannt. Was veranlasste Sie, nach zwei Batman-Filmen auszusteigen?

Tim Burton war nicht mehr dabei, und nach der Lektüre des Drehbuchs wusste ich, dass da nichts Gutes rauskommen würde. Wir hatten Bruce Wayne auf so interessante Weise weiterentwickelt, und plötzlich wollte man das alles aufgeben. Ich habe dann einige Teile des dritten Films gesehen, und sie haben meine Befürchtungen bestätigt.

Was verbinden Sie mit diesen Zeiten, als Sie in Hollywoods Rangliste ganz oben standen?

Es war ein Spaß – mehr fällt mir nicht dazu ein. Und die Schecks waren ziemlich gut. Aber letztlich habe ich nicht anders gelebt als jetzt auch. Ich war bloß jünger, also bin ich ein, zwei Stunden länger um die Häuser gezogen.

Welche Pläne haben Sie nun?

Ich will jetzt einfach viel arbeiten – und das gut machen, um meinen Ehrgeiz zu befriedigen. Denn ich möchte das aus dem Weg schaffen, weil ich noch viele andere Dinge im Leben tun will. Ich mag es, Zeit mit meinem Sohn zu verbringen, ich liebe die Trips durch die Natur, ich habe geschäftliche Pläne, möchte ein wenig in Immobilien investieren. Für Riggan, meine Figur in „Birdman“, ist die Schauspielerei sein ein und alles. Nicht für mich. Ich liebe sie, aber letztlich verdiene ich damit nur meinen Lebensunterhalt.

Steckbrief

1951 wurde er als Michael John Douglas geboren. Weil es schon einen Schauspieler Michael Douglas gab, wählte er aus Verehrung für Diane Keaton deren Namen. Zu Beginn seiner Karriere spielte er vor allem in Komödien.

1989 gelang ihm mit Tim Burtons „Batman“ der große Durchbruch. Es folgten etwa „Out of Sight“ und „Jackie Brown“. Eine Rolle in der Serie „Lost“ lehnte er ab.

Keaton ist geschieden und hat einen Sohn. Er besitzt mehrere Ranches.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2015)

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