Diese Frauen waren dort, wo noch keine andere war: DiePresse.com stellt Pionierinnen aus Österreich und der ganzen Welt vor.
30.12.2016 um 16:03
Weibliche Programmierer sind nach wie vor rar - dabei war es eine Frau, die das erste Computerprogramm der Geschichte schrieb. Ada Lovelace wird 1815 als Augusta Ada Byron, Tochter des berühmten britischen Dichters Lord Byron, geboren. Der Vater verlässt die Familie früh, die Mutter lässt Ada in Naturwissenschaften und Mathematik unterrichten. Im Alter von 19 Jahren heiratet sie William King (später Earl von Lovelace) und lässt ihn Artikel in Bibliotheken abschreiben, zu denen Frauen keinen Zutritt haben. Als die junge Frau von dem Plan des Erfinders Charles Babbage für eine gigantische Rechenmaschine erfährt, entwickelt sie einen Algorithmus, mit dem der Apparat Berechnungen durchführen soll. Babbages Maschine wird nie gebaut, der Algorithmus jedoch gilt heute als erstes Computerprogramm der Geschichte.1852 stirbt die Selfmade-Mathematikerin im Alter von 36 Jahren (wahrscheinlich an Gebärmutterkrebs). Eine in den 1970ern entwickelte Programmiersprache trägt ihr zu Ehren den Namen Ada.
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Die mächtige US-Notenbank Fed wird heute von der 68-jährigen Ökonomin Janet Yellen geleitet. Ihre Wegbereiterin kommt 1931 in Graz zur Welt: Maria Schaumayer leitet nach einer Karriere als Politikerin und Bankerin von 1990 bis 1995 die Österreichiche Nationalbank und ist damit als erste Frau weltweit für die Geldpolitik eines Staates verantwortlich.Auch, weil die ÖVP-Politikerin selbst erfährt, wie schwer es ist, als Frau im Beruf weiterzukommen, ist ihr Frauenförderung ein großes Anliegen. Am 23. Jänner 2013 stirbt sie unerwartet im Alter von 81 Jahren. Ihr Lebensmotto zitiert der heutige OeNB-Chef Ewald Nowotny bei Schaumayers Trauerfeier: „Lieber Gott, lass mich in allen wichtigen Belangen rasch zur Sache kommen.“
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Die erste Frau im All war eine Möwe: So ("Tschaika") lautete zumindest der Funkname der russischen Pionierin Walentina Tereschkowa. Nachdem die Sowjetunion bereits den ersten Satelliten (Sputnik), die erste Hündin (Laika) und den ersten Mann (Juri Gagarin) in die Erdumlaufbahn geschossen hat, setzt sie in den 1960er Jahren zum nächsten PR-Coup an. Staatschef Nikita Chruschtschow wählt dafür persönlich die ehemalige Zuschneiderin und Hobby-Fallschirmspringerin Walentina Tereschkowa aus. Am 16. Juni 1963 startet die damals 25-Jährige mit der Wostok 6 zu einer fast drei Tage langen Mission. Erst viel später erfährt die Öffentlichkeit, dass die Reise nicht planmäßig verlief: Die "Möwe" litt an Übelkeit und Schwindel, nach ihren Angaben war der Computer des Raumschiffs außerdem falsch programmiert. Heute ist Walentina Tereschkowa Abgeordnete der Putin-Partei Geeintes Russland.
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Kathryn Bigelow gewinnt 2010 als erste Frau in der über 80jährigen Geschichte der Academy Awards einen Oscar für die beste Regie: Mit dem Irak-Drama "The Hurt Locker" überzeugt sie die Jury. Bigelow ist eine der vielseitigsten und radikalsten Regisseurinnen Hollywoods, die vor allem im als Männerdomäne geltenden Action-Genre wildert.Ihren ersten Erfolg feiert Bigelow, die als Malerin begann, 1987 mit ihrem Vampir-Thriller "Near Dark". Das Surfer-Drama "Point Break" macht Keanu Reeves 1991 schlagartig zum Teeniestar und der Sciene-Fiction-Streifen "Strange Days" (1995) genießt bis heute Kultstatus. "Die inszenatorische Brillanz ihrer Actionszenen sucht schon länger ihresgleichen", schrieb "Presse"-Filmkritiker Christoph Huber anlässlich der Oscar-Verleihung.
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„Jedes Mädchen kann glamourös sein. Du musst nur still stehen und dumm dreinschauen“, sagte Hedy Lamarr einmal. Sie konnte weit mehr. 1914 als Tochter einer jüdischen Bankiersfamilie in Wien geboren, sorgt Lamarr im Alter von 18 Jahren für Aufsehen, als sie im Film "Ekstase“ die erste Nacktszene der Filmgeschichte spielt. Bald darauf heiratet sie den Waffenfabrikanten Fritz Mandl, der als herrschsüchtig gilt und mit Nazis Geschäfte macht. Still sitzt die junge Frau bei Geschäftsessen am Tisch und lauscht den Gesprächen über Waffentechnik. 1937 flieht sie schließlich aus der Ehe und landet in Hollywood.Neben ihrer Schauspielkarriere entwickelt sie in Zusammenarbeit mit dem Komponisten George Antheil eine störungssichere Funkfernsteuerung für Torpedos. 1942 wird das Patent angemeldet, aber erst Jahrzente später aus der Schublade geholt. Heute gilt Lamarr als Wegbereiterin des Mobilfunks. Der gleichzeitige Frequenzwechsel („frequency-hopping“) kommt bei Bluetooth-Verbindungen oder GSM-Technik zum Einsatz.Die Schauspielerin stirbt am 19. Jänner 2000 in Florida. Ihr Geburtstag, der 9. November, wird in Österreich und Deutschland als „Tag der Erfinder“ gefeiert.
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Eine Bundespräsidentin oder Kanzlerin gab es in Österreich bis dato nicht, die erste Ministerin trat vor knapp 50 Jahren ihren Dienst an. Als die ÖVP 1966 die absolute Mehrheit erreicht, sucht Bundeskanzler Josef Klaus eine Besetzung für das Ministerium für soziale Verwaltung, das seit Jahrzehnten in den Händen der SPÖ lag. Er findet sie in Grete Rehor. Die frühere Textilarbeiterin, die sich zur hochrangigen Christgewerkschafterin und Nationalratsabgeordneten hochgearbeitet hat, wird auch von den Sozialdemokraten respektiert. In ihrer Amtszeit arbeitet Rehor wichtige Reformen wie das Arbeitsmarktförderungsgesetz aus. Nach der Wahlniederlage der ÖVP 1970 verlässt sie die politische Bühne und wird Vizepräsidentin der ARGE – Dachorganisation für 61 Behindertenverbände. 1987 stirbt sie im Alter von 76 Jahren.
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Was die meisten wissen: Marie Curie erhielt im Jahr 1903 als erste Frau den Nobelpreise für Physik. Was viele nicht wissen: Bis eine Ökonomin eine gleichwertige Auszeichnung erhielt, vergingen noch mehr als hundert Jahre. Die 1933 geborene Amerikanerin Elinor Ostrom zählte zu den wichtigsten Forschern auf dem Gebiet der Umweltökonomie und erhielt 2009 als erste und bisher einzige Frau den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften.Obwohl der Frauenanteil in Wirtschaftsstudien deutlich höher ist als in den meisten naturwissenschaftlichen-technischen Studien, bleibt die Ökonomie in vielen Ländern eine Männerdomäne – auch in Österreich. Unter den 17 Top-Ökonomen, die die Debatte im Land prägen, befindet sich laut einer aktuellen Auswertung nur eine Frau.
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Der Literaturnobelpreis ist vor allem ein Preis für männliche Schriftsteller aus dem Westen. In der mehr als 200-jährigen Geschichte des Preises wurden bis dato lediglich 13 Frauen geehrt. Die erste war Selma Lagerlöf 1909, acht Jahre nach Einführung des Preises. Die Schwedin ist vor allem für ihre Kinderbücher bekannt, allen voran "Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen". Die Jury lobte sie ob ihres "edlen Idealismus, des Fantasiereichtums und der seelenvollen Darstellung, die ihre Dichtung prägen".Lagerlöf (1858 – 1940) galt als einflussreiche Feministin und Pazifistin und verhalf unter anderem der jüdischen Autorin Nelly Sachs zur Flucht aus Nazi-Deutschland. Sie blieb ihr Leben lang unverheiratet, zog aber einen Pflegesohn auf. Man hatte sich an sie gewandt, weil der Bub gleich hieß wie ihr Romanheld: Nils Holgersson.Die nächste Nobelpreisträgerin, Grazia Deledda, folgte erst 17 Jahre nach Lagerlöfs Auszeichnung. Durch Jahrzehnte hindurch wurde der Nobelpreis ausschließlich an Männer verliehen: In den 1950ern, 1970ern und 1980ern gab es keine einzige weibliche Preisträgerin.Dieser Missstand liegt natürlich auch an der männlich geprägten Jury. Diese steht vor einer großen Veränderung. Ab Mai 2015 soll die Schwedische Akademie für den Literaturnobelpreis erstmals von einer Frau geführt werden: Ästhethik-Professorin Sara Danius übernimmt den Vorsitz vom Historiker und Schriftsteller Peter Englund.
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"Nach Japan einfach links", antwortete Clärenore Stinnes einem Reporter auf die Frage, wie sie von China nach Amerika gekommen sei. Die Tochter eines deutschen Großindustriellen schrieb mit der ersten Weltumrundung per Automobil Geschichte. Stinnes begeistert sich schon früh für Motoren. Mit 24 fährt sie bei ihrem ersten Rennen auf Platz 3, bald ist sie die erfolgreichste Renn- und Ralleyfahrerin Europas. 1927 bricht sie mit zwei Technikern und dem schwedischen Kameramann Carl-Axel Söderström zur Weltumrundung auf. "Fräulein Stinnes muss aus Stahl sein. Hält klaglos durch", notiert Söderstrom nach der Durchquerung der Wüste Gobi. Nach mehr als zwei Jahren wird Stinnes in Berlin von einer jubelnden Menschenmenge empfangen. Sie und Söderstrom heiraten bald danach. Im Alter von 89 Jahren stirbt die Abenteurerin in Schweden.Bild: Adler Standard 6 - mit diesem Modell umrundete Stinnes die Welt
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Als Schülerin schließt sich Alexandra Kollontai (1872-1952), Tochter eines russischen Generals, der sozialistischen Bewegung an, heiratet einen Beamten, um ihn fünf Jahre später „für die Freiheit“ zu verlassen. Mit 26 beginnt sie ein Studium in Zürich, kämpft fortan für die Gleichberechtigung der Geschlechter. 1917 kehrt sie nach Russland zurück, beteiligt sich am Juliaufstand, wird verhaftet. Nach dem Sieg der Bolschewiki macht sie Lenin zur Kommissarin für Volkswohlfahrt – und damit zur ersten Ministerin weltweit. Kollontai verbessert den Mutterschutz, setzt die Straffreiheit für Abtreibung durch und errichtet eine Volksküche. Bald fällt sie in Ungnade, ihr zweiter Mann wird Opfer der Schauprozesse, sie selbst als Gesandte der Sowjetunion „weggelobt“ – und so erste akkreditierte Diplomatin der Welt. Sie kommt nach Mexiko, Norwegen, Schweden und Finnland, wo sie 1940 zum Ende des Winterkrieges beiträgt.
Forschen und Lehren galt lange als Männerdomäne, wenn überhaupt, so durften Frauen nur Gehilfinnen sein. Das gilt auch Lise Meitner. Als an der Universität Wien 1899 Physikstudentinnen zugelassen werden, lernt die Rechtsanwalt-Tochter den Maturastoff nach und legt die Reifeprüfung ab. Sie inskribiert sich und promoviert 1906 als zweite Physikerin in Wien. 1907 geht sie nach Berlin, trifft Otto Hahn und führt mit ihm unter anderem Bestrahlungsexperimente mit Neutronen durch – im Keller des Labors, das Institut selbst dürfen Frauen (vorerst) nicht betreten. 1938 muss die Jüdin, die seit 1926 den Professor-Titel führt, vor den Nazis nach Schweden fliehen. Hahn und seinem Assistenten Fritz Straßmann gelingt kurz darauf das „Zerplatzen“ des Urankerns. Er schreibt ihr: „Wäre es möglich, dass das Uran 239 zerplatzt in ein Ba und ein Ma? (...) Eventuell könntest du etwas ausrechnen und publizieren.“ Sie kann und veröffentlicht mit ihrem Neffen Otto Frisch 1939 die erste physikalisch-theoretische Erklärung der Kernspaltung, wofür sie etliche Preise erhält. Das 109. Element wird nach ihr benannt – der Nobelpreis aber nur Hahn verliehen.
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43,7 Prozent der Doktoranden an Österreichs Universitäten sind weiblich – Tendenz steigen. Lange aber war der Weg an die Universität für Frauen verbaut, so auch für Gabriele Possanner. Die Tochter eines kaiserlich-königlichen Beamten nimmt Privatunterricht, um maturieren zu können – als Externistin am Akademischen Gymnasium in Wien. Dann zieht sie in die Schweiz, wo Frauen seit 1867 studieren dürfen. Possanner holt auch dort die Matura nach, absolviert in Genf und Zürich ein Medizinstudium. Nach ihrer Promotion 1893 kehrt sie nach Wien zurück, darf aber nicht praktizieren, da ihr Diplom nicht anerkannt werden. Das ändert sich erst 1896. Jedoch muss sie einige Prüfungen erneut ablegen. 1897 hat sie ihr drittes Rigorosum in der Tasche, am 2. April 1897 promoviert sie als erste Frau in der österreichisch-ungarischen Monarchie. Bald darauf eröffnet sie eine Praxis. 1904 wird sie als erste Frau in die Wiener Ärztekammer aufgenommen. Die erste Frau, die an eine Universität durfte, ist Possanner übrigens nicht. Die Spanierin Juliana Morell soll 1606 erstmals studiert haben. Die Venezianerin Elena Lucrezia Cornaro Piscopia gilt indes als erste Frau der Welt, die einen Doktor in Philosophie erhält - 1678 an der Univerität in Padua.
Frauen könnte beim Marathonlaufen ihre Gebärmutter herausfallen, heißt es Mitte des 20. Jahrhunderts. Kathrine Switzer (*1947) beweist das Gegenteil. Mit zwölf Jahren läuft sie täglich eine Meile, als Studentin trainiert sie mit dem männlichen Leichtathletik-Team. 1967 will sie am Boston Marathon teilnehmen, was Frauen offiziell untersagt ist – nur Wettkämpfe bis 800 Meter sind ihnen gestattet. Sie meldet sich als „K. V. Switzer“ an – und startet. Doch nach wenigen Meilen entdeckt Renndirektor Jock Semple die Frau. Er versucht ihr die Startnummer abzureißen, doch ihr Freund, der ebenfalls am Lauf teilnehmende Hammerwerfer Tom Miller, rempelt Semple zur Seite. Switzer erreicht nach vier Stunden und 20 Minuten das Ziel – und geht als erste offizielle Marathonläuferin in die Geschichte ein. 1972 gründet sie die Frauenlauf-Bewegung und setzt durch, dass der Frauen-Marathon 1984 zur Olympia-Disziplin wird.
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Als US-Präsident und Makler an der Wall Street gilt gemeinhin dasselbe: Man denkt zuerst an einen Mann. Anders Victoria Claflin Woodhull Martin (1838 -1927). Sie ruft nicht nur die „Equal Rights Party“ ins Leben, sondern erklärt sich 1870 auch gleich selbst zur (ersten) Präsidentschaftskandidatin der Vereinigten Staaten – 50 Jahre vor Einführung des Frauenwahlrechts. Den Wahltag verbringt sie jedoch im Gefängnis, da sie über das ausschweifende Liebesleben des konservativen Kirchenmannes Henry Ward Beecher berichtet hatte – in der zuvor von ihr, als ersten Frau überhaupt, eigens gegründeten Zeitung, der „The Woodhull and Claflin Weekly". In dem Blatt wird außerdem erstmals in den USA Karl Marx' „Kommunistisches Manifest“ abgedruckt. Und auch eine dritte Pionierleistung geht auf Woodhull zurück: Als sie 1868 mit ihrer Schwester nach New York zieht, gründen die beiden das erste von Frauen geführte Maklerbüro an der Wall Street.
Pionierinnen: Diese Frauen schrieben Geschichte
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