Wie ein erstes Date

Kolumne "Karrierewege". Ein Bewerbungsgespräch hat vieles gemeinsam mit einem ersten Date.

Als Kandidat ziehen Sie sich ein wenig schöner an als sonst. Sie achten noch stärker auf Ihre Kleidung, Aussehen und Körperpflege. Sie sind eine Spur höflicher als sonst und sagen nur nette Sachen. Sie rücken sich in ein möglichst gutes Licht, aber Sie versprechen nichts, was Sie nachher nicht halten können.

Der erste Eindruck entscheidet und wir alle wollen, dass er besonders positiv ist. Aber unrealistische Übertreibungen sind völlig fehl am Platze. Ob im Jobinterview oder beim Dinner im Kerzenschein: Sie können alles versprechen, aber Sie müssen es irgendwann auch einhalten. Wenn das Vertrauen einmal erschüttert ist, hält die berufliche oder private Beziehung nicht mehr lange.

Ein Kandidat präsentierte sich als besonders sprachbegabt: Er spreche fließend Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch. Seine Interviewpartnerin fragte ihn, woher er denn so gut Spanisch spreche. Er erklärte es ausschweifend in blumigen Sätzen, bis ihn die Dame unterbrach: „Könnten Sie mir das bitte gleich auf Spanisch erzählen?“

Der junge Mann stotterte herum und suchte mühsam nach den richtigen Vokabeln. Es stellte sich nach kurzer Zeit zu seiner großen Peinlichkeit heraus, dass seine Spanischkenntnisse nicht weiter reichten, als auf Mallorca ein Bier zu bestellen. Unangenehm für ihn: Seine Gesprächspartnerin stammte aus Barcelona. Für den Job war er fachlich wunderbar qualifiziert. Er erhielt trotzdem eine Absage.

Ein gewisses Maß an Übertreibung ist ja durchaus üblich und in gewissem Rahmen auch in Ordnung. Besonders bei Bewerbungsgesprächen für Vertriebspositionen werden die eigenen Erfolge von den Kandidaten meist übermäßig gut dargestellt. Von einem guten Verkäufer wird ja auch erwartet, dass er sich selbst gut darstellen kann.

Ein junger Key Account Manager, der besonders von sich überzeugt war, brüstete sich im Interview mit Umsätzen, die doppelt so hoch lagen wie die Verkaufsergebnisse bei seinem bisherigen Arbeitgeber. Als er den Job aufgrund dieser Versprechungen schließlich erhielt, war er extrem motiviert. Er wollte das Gesicht vor seinem Chef auf keinen Fall verlieren. Er tigerte sich so ins Verkaufen hinein, dass er das hoch gesteckte Vertriebsziel sogar noch übertraf und sich selbst am meisten damit überraschte.

Ein Bekannter stimmte zu, dass Bewerbungsgespräche und erste Dates große Ähnlichkeiten haben. Wenn er eine neue Frau kennenlerne, gehe er mittlerweile genauso vor wie ein Personalchef vor einem Interview: „Ich sehe mir das Profil der Dame auf Xing und auf LinkedIn an. Dann gehe ich auf Facebook. Und schließlich checke ich die ersten 10 Google-Treffer für ihren Namen. Das hätte mir bei manchen Damenbekanntschaften die eine oder andere negative Überraschung erspart.“

Conrad Pramböck ist Berater und Speaker zu Gehalts- und Karrierethemen. Er leitet bei der Personalberatung Pedersen & Partners den Geschäftsbereich Compensation Consulting.

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