Von der Kunst, die Kunst zu sammeln

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Nie war der Kunstmarkt größer. Auch als Investment spielt Kunst zunehmend eine Rolle. Die alten Regeln haben sich aber nicht geändert: Kunst ist nie eine passive Geldanlage, sondern erfordert Leidenschaft.

Wien. 100 Millionen hier, 100 Millionen da. Der Kunstmarkt boomt, längst ist das Schöngeistige auch zum Investment geworden. Aber was in der breiten Öffentlichkeit zu dem Thema ankommt, sind meist nur die Umtriebe der Superreichen. Sicher wäre es toll, sich einen Picasso, einen Cézanne oder einen Klimt ins Vorzimmer zu hängen – aber ganz ehrlich: Wer kann sich das leisten? Unterhalb dieses Topsegments wirkt der Markt aber sehr intransparent und für den Anfänger verwirrend. Das muss aber nicht so bleiben.

Der Wiener Kunstsammler Franz Wojda hat jetzt gemeinsam mit dem Kulturmanager und Publizisten Werner Rodlauer und dem Steuerberater Gernot Schuster einen Leitfaden vorgelegt, der das „Sammeln Zeitgenössischer Kunst“ erstmals von Anfang bis zum Ende durchdenkt – im Sinn eines „ganzheitlichen Ansatzes“. Herausgekommen ist ein Wegweiser in einem Markt, der vielen noch fremd ist – obwohl er sicherlich mehr zu bieten hat als das Flackern fernöstlicher Währungskurse auf einem Computerbildschirm.

Learning by Doing

Das Buch ist eine Kollaboration von 18 Autoren, die keine Facette des Kunstmarkts – von den Künstlern selbst über Händler bis zu rechtlichen Fragen – unberührt lässt. Gleichzeitig ist das Buch aber auch eine kleine Biografie der Sammlertätigkeit des Ehepaars Wojda, was ihm beim Lesen einen ganz eigenen Charme verleiht. Der Antrieb des ehemaligen Uni-Professors Wojda: Als er selbst zu sammeln begonnen hat, war alles noch Learning by Doing. „In den Siebzigerjahren haben meine Frau und ich unser erstes Bild erworben“, erzählt Wojda im Gespräch mit der „Presse“. „Das war ein Werk von Arnulf Rainer. Damals war ich noch Uni-Assistent, in Galerien zu gehen war ein Hobby. Außerdem gab es damals in Wien vielleicht drei, vier Galerien. Angefangen haben wir aus Liebe zur Kunst. So wie die meisten.“

Wie viel Budget?

Wojda rät an der Kunst Interessierten, es nicht unbedingt so zu machen wie er damals. Tatsächlich sei es möglich, mit ein wenig Systematik an die Sache heranzugehen. Am Anfang seien zwei Fragen entscheidend: Was könnte das Konzept einer entstehenden Sammlung sein? Und wie viel Budget steht dafür jährlich zur Verfügung? Das Buch gibt keine Geheimtipps zu den heißesten Künstlern der Gegenwart, sondern das notwendige mentale Werkzeug, um vom Liebhaber zum Sammler zu werden – und dabei möglichst kein Geld zu verlieren. Und wer weiß, vielleicht sogar ein wenig zu verdienen.

„Erst nach zehn Jahren, als wir schon rund 50 bis 80 Werke beisammen hatten, habe ich angefangen, mir über die Wertsteigerungen Gedanken zu machen“, so Wojda. „Damals haben wir beschlossen: Wenn wir jetzt weitermachen, müssen wir schauen, dass wir ein Konzept haben – und auch, dass wir Sachen kaufen, die ihren Wert halten.“

Der Kunstmarkt ist ein komplexes Gebilde, bestehend aus Künstlern, ihren Werken, den Vermittlern, den Händlern, den Auktionshäusern, den Käufern und den Sammlern. Dazu kommen Galerien, Medien und Museen, hinter denen privates oder öffentliches Geld stecken kann. Lediglich ein Grundsatz dürfte für jeden sofort einleuchtend sein: Wer etablierte Künstler kauft, braucht Geld – dafür bekommt er Preisstabilität. Wer junge, aufstrebende Künstler kauft, bekommt die Chance auf massive Preissteigerungen – geht aber auch ein gewaltiges Risiko ein. Den Unterschied macht die eigene Informationslage. Mehr noch als bei Rohstofffonds und Staatsanleihen ist man auf dem Kunstmarkt ohne intime Kenntnisse der Materie falsch. Aber das Internet hat einiges einfacher gemacht. „Sich etwas einreden zu lassen – das ist der größte Fehler, den man machen kann. Aus dem Bauch heraus zu kaufen, ohne ein grundsätzliches Konzept zu haben, ist auch nicht die beste Idee. Man sollte sich schon überlegen, wo man hinwill“, sagt Wojda. „Ich sehe es leider oft, dass genau diese Fehler von jungen Sammlern gemacht werden. Daher kam auch die Idee für das Buch. Eine grundsätzliche Regel ist: Auf dem Kunstmarkt sollte man agieren, nicht reagieren."

Nie ein passives Investment

Rund 80 Prozent aller gekauften Kunstwerke kosten unter 5000 Dollar. Aber auch, wenn eine Sammlung mit einem Stück beginnen kann, setzt Wojda die untere Grenze für ein systematisches Vorgehen bei rund 30.000 Euro pro Jahr an – ohne damit Kunstbegeisterte abschrecken zu wollen. „Manche Grafiken und Drucke kann man schon um 500 Euro kaufen. Auf die Qualität kommt es an.“ Nach oben ist die Preisskala auf dem Kunstmarkt freilich offen.

Wer – so wie Franz Wojda – mehrere Jahrzehnte dranbleibt, hat irgendwann eine echte Sammlung, die ein Konzept verfolgt. So eine Sammlung muss dann einen „Footprint“ hinterlassen, also etwa ausgestellt werden. Kurz: Kunst ist nie ein passives Investment, sondern auch ein aktives Hobby.

Steuerliche Fragen

Denn mit dem Kauf ist es noch lang noch nicht getan. Neben Fragen wie der Lagerung hat auch der Gesetzgeber ein gehöriges Wort mitzureden. Wer zum Beispiel ein urheberrechtlich geschütztes Bild kauft, was bei aktueller Kunst immer der Fall ist, der muss vor einer Ausstellung beim Künstler um Erlaubnis fragen. Und dann gibt es auch noch diverse steuerliche Fragen.

„Wenn ich beim Kauf und vor allem Verkauf von Kunst planmäßig vorgehe, kann es sein, dass ich irgendwann in die Gewerbsmäßigkeit komme“, sagt Steuerberater Gernot Schuster von Deloitte. Häufiger sind aber solche Fälle: „Wer in der EU Kunst kauft, hat keine Probleme. Wenn ich aber in New York eine Fotografie kaufe, muss ich sie bei der Einreise versteuern. In diesem Fall sind es 20 Prozent.“

AUF EINEN BLICK

„Das Sammeln zeitgenössischer Kunst – ein ganzheitlicher Ansatz“, herausgegeben von Franz Wojda und Werner Rodlauer, ist – in Kooperation mit Deloitte – im Verlag für moderne Kunst erschienen (www.vfmk.org). 18 Autoren, darunter der ehemalige Museumsdirektor Edelbert Köb und die Kulturjournalistin Nina Schedlmayer, beleuchten alle Facetten des Kunstmarkts. Dazu kommen Interviews mit 14 Künstlerinnen und Künstlern zu ihrem Verhältnis zu Sammlern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2016)

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