Lebhaft, turbulent und viel Geld: China begrüßt das Affenjahr

(c) Bloomberg (Qilai Shen)
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Mit dem chinesischen Neujahrsfest wird das Jahr des Affen eingeläutet. Selbst die kommunistische Führung warnt vor Tumulten.

Peking. Offiziell ist in China ja niemand abergläubisch. So hat es einst die Kommunistische Partei festgelegt und jede Religion, jeden Glauben und jede sonst irgendwie spirituelle Neigung für „überwindbar“ erklärt. Ganz nach dem Motto ihres Vorbilds Karl Marx, der Religion als „Opium fürs Volk“ bezeichnet hat.

Das hält Chinas kommunistische Führung dennoch nicht davon ab, in diesen Tagen in ihren diversen Staats- und Parteizeitungen vor dem anstehenden Affenjahr zu warnen. Es könnte „lebhaft“ werden, „turbulent“, „unberechenbar“, alles sei möglich, heißt es etwa in der „Liaoning Abendpost“. Deswegen müsse vorzeitig Vorsorge getroffen werden. Sämtliche Ereignisse, die zu Tumulten oder gar Unruhen führen könnten, sollten um jeden Preis vermieden werden.

Wenn am kommenden Montag im Rheinland die bunten Karnevalswagen durch die Innenstädte fahren, begrüßen am gleichen Tag weltweit rund 1,4 Milliarden Chinesen das Jahr des Affen. Das chinesische Neujahrsfest orientiert sich am traditionellen Mondkalender. Der in China wichtigste Feiertag fällt in diesem Jahr auf den 8. Februar.

Und es verspricht ein lebhaftes Jahr zu werden. Der Volksmund sagt, er bringe sehr viel Bewegung. Probleme löse der raffinierte und kreative Affe mit leichter Hand, wirtschaftlich könnte es mal bergauf gehen, mal bergab. Aber den meisten Chinesen ist Dynamik lieber als Stagnation. Und da dieses Mal das Jahr auch noch mit dem Element des Feuers verbunden ist, steht ein sogenannter Feuer-Affe vor der Tür. Das versprich zusätzlichen Trubel. Viele Familien werden das neue Jahr daher mit besonders lautem Getöse begrüßen. Denn der Affe folgt im chinesischen Tierkreis auf das Jahr des Schafes. Und das gilt als glücklos und langweilig.

Wohl kein Umsturz

Tatsächlich ist die Wahrsagerei rund um die zwölf Tierkreiszeichen der chinesischen Astrologie eine der wenigen Traditionen, die den seit nunmehr 67 Jahren anhaltenden Angriffen der Kommunisten auf alte chinesische Rituale und Gebräuche überlebt haben – und auch von der chinesischen Führung gepflegt werden. Als 1976 Staatsgründer Mao Tse-tung starb, wurde das offiziell mit dem Jahr des Drachens in Verbindung gebracht. Dem Drachenjahr werden stets große, oft aber auch schreckliche Ereignisse zugeschrieben.

Affenjahre gelten zwar als turbulent, aber fast immer mit einem positiven Ausgang. Besonders Finanzberater wittern 2016 in China gute Geschäfte. Schon Wochen bevor das Affenjahr begonnen hat, werben Banken mit neuen Finanzprodukten, die sie angeblich eigens für das Affenjahr geschaffen haben. So wie der Affe als agil, schlau und risikoreich gilt, gelte das auch für das diesem Tier gewidmeten Jahr. Das Affenjahr ist auch als das „Jahr des Geldes“ bekannt.

Im Allgemeinen freuen sich die Menschen in China daher auf das Affenjahr. Sämtliche Werbetafeln und Litfaßsäulen sind mit witzigen Affenmotiven beklebt. Besonders beliebt: der Affenkönig, eine chinesische Sagenfigur, der sich zusammen mit einem Mönch, einem Schwein und einem Bettler angeblich einst auf den Weg nach Indien gemacht hat, um die heiligen Schriften Buddhas nach China zu holen. Er galt als listig, respektlos, aber auch klug und liebenswert. Jedes Kind in China kennt seine Geschichte. Eine Neuverfilmung in 3-D-Qualität ist in diesen Tagen bereits angelaufen und verspricht ein Kassenschlager zu werden.

Hochschwangere in China setzten derzeit alles daran, ihr Kind nicht im Schafsjahr zur Welt zu bringen, sondern erst, wenn das Jahr des Affen eingeläutet ist. Denn Menschen, die im Jahr des Affen (1944, 1956, 1968, 1980, 1992, 2004) geboren sind, gelten als intelligent, agil und humorvoll. Allerdings können sie auch leicht jähzornig werden, ruhelos und egoistisch.
Mit einem Umsturz muss die chinesische Führung 2016 aber nicht rechnen. Denn so frech und aufmüpfig der Affe ist – er gilt chinesischen Astrologen zufolge als nicht besonders ausdauernd.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2016)

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