Die späte Rache eines Silicon-Valley-Milliardärs

Silicon-Valley-Milliardär Peter Thiel half Wrestler Hulk Hogan, die Website Gawker zu verklagen.
Silicon-Valley-Milliardär Peter Thiel half Wrestler Hulk Hogan, die Website Gawker zu verklagen. (c) REUTERS (JACKY NAEGELEN)
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Peter Thiel finanzierte die Klage von Wrestler Hulk Hogan gegen das Webmagazin Gawker. Mit Hintergedanken.

Die amerikanische Medienbranche kennt seit einigen Tagen nur dieses eine Thema: den Konflikt zwischen dem deutschstämmigen Silicon-Valley-Milliardär Peter Thiel und dem New Yorker Klatsch-Blog Gawker. Eine nicht unbedeutende Nebenrolle in der Posse hat der schnauzbärtige ehemalige Wrestler Hulk Hogan – und das kam so: Weil der Blog 2012 auf ein wohl heimlich gedrehtes Video verlinkt hatte, das Hogan beim Geschlechtsverkehr mit der Frau eines Freundes zeigte, wehrte sich dieser mit einer Klage, das Gericht sprach ihm eine Schadenersatzsumme in Höhe von auch für das amerikanische Medienrecht ungewöhnlichen hohen 102 Millionen Euro zu. So weit, so gut.

Nun wurde jedoch bekannt, dass Peter Thiel den Prozess für Hogan finanziert hat – und das aus gutem Grund. Thiel ist seit Jahren erfolgreich im Silicon Valley tätig, er verdiente sein Geld zunächst mit dem Aufbau des Bezahldienstes Paypal und war 2004 einer der ersten externen Investoren von Facebook, in deren Aufsichtsrat er bis heute sitzt. Thiel unterstützt den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und er ist homosexuell. Mit seiner sexuellen Orientierung geht der 48-Jährige heute offen um, vor gut zehn Jahren war das allerdings anders. 2007 outete ihn Gawkers Silicon-Valley-Tratschblog Valleywag ziemlich direkt und schon im Titel: „Peter Thiel is totally gay, people“ – der Internetmilliardär hat das offenbar nicht vergessen. Dieser und andere Artikel über seine Freunde hätten „das Leben mancher Menschen grundlos zerstört“, sagt Thiel. Es wirkt nun also so, als ob er auf einen weiteren Fall, wie den von Hulk Hogan gewartet habe, um sich an dem Online-Medium zu rächen. Immerhin gab er zu, den Ex-Wrestler mit zehn Millionen Dollar unterstützt zu haben. Für Gawker kommt dieser Racheakt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Die 2003 gegründete Website steht zwar immer noch zu ihrem Motto: „Today's gossip is tomorrow's news“, aber die Ausrichtung der Seite hat sich gerade zuletzt stark verändert. Den Silicon-Valley-Blog Valleywag gibt es gar nicht mehr, der Rest der Seite konzentriert sich stärker auf seriösen Nachrichtenjournalismus. Die Gawker-Gründer, Nick Denton und Elizabeth Spiers, kritisieren nicht nur die ungewöhnlich hohe Schadenersatzsumme, die ihr Unternehmen faktisch in den Ruin treiben könne, sondern auch die Tatsache, dass sich Milliardäre wie Peter Thiel ihren Einfluss in alle möglichen Bereiche erkaufen würden.

Warnschuss für Boulevardmedien

Die nun laufende Debatte ist diffizil. Zweifelsohne fällt es schwer, ein Medium, das Persönlichkeitsrechte Prominenter so mit Füßen tritt, zu verteidigen. Dass die amerikanische Justiz mit dem Hulk-Hogan-Urteil alle Boulevardmedien deutlich warnen wollte, sehen viele Beobachter positiv. Umgekehrt erscheint vielen der Unmut der Gawker-Macher über die steigende Macht der Tech-Milliardäre berechtigt, sehen nicht wenige die Pressefreiheit gefährdet. Nick Denton schlug Peter Thiel nun einen Wortwechsel auf offener Bühne vor und formulierte dazu einige Fragen. So wolle er wissen, ob er auch hinter zwei anderen Klagen stecke, ob er Gawker schaden, ruinieren oder womöglich kaufen wolle und was seine politischen Ziele als Aufsichtsratsmitglied von Facebook seien. Thiel hat das Angebot bislang nicht angenommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2016)

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