Den Unistoff schön denken

Um Interesse für den Stoff zu wecken, gaben Professoren ihren Studierenden bei Hausübungen weniger Bonuspunkte. Was paradox klingt, funktioniert.

Studierende kennen das: Zum Semesterende sitzen sie vor hunderten Seiten Powerpoint-Präsentation und versuchen (vergeblich) deren Inhalt aufzusaugen. Doch der Stoff ist trocken, die Konzentration schweift ab. Die Motivation ist dann schnell weg. Mehr als hundertausend Studierende brechen in Österreich jedes Jahr ihr Studium ab. Nicht erfüllte Erwartungen und fehlende Motivation zählen laut einer IHS-Statistik zu den Hauptgründen.

Den Universitäten kommen Studienabbrecher teuer. Dort wünscht man sich motivierte Studierende, die bis zum Ende durchhalten. Forscher der Universität Linz (JKU) und der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) haben sich deshalb mit der Frage beschäftigt, wie sie den Studierenden helfen könnten, den inneren Schweinehund zu überwinden.

Wolfgang Güttel, Experte für Change Management an der JKU: "Online-Learning wird immer wichtiger. Der fehlende persönliche Kontakt macht es Studierenden aber schwer, sich aufzuraffen". Seine Kollegen und er starteten ein Experiment: Die Professoren vergaben für Hausübungen Bonuspunkten. Allerdings in so geringem Ausmaß, dass die Studierenden den Aufwand der Übung nicht mit der "Belohnung" alleine rechtfertigen konnten.

Die Lernenden mussten eine andere Begründung finden, um vor sich selbst zu rechtfertigen, den Mehraufwand in Kauf zu nehmen. Die Folge? Studierende begannen ihr eigenes Verhalten zu hinterfragen ("Wieso tue ich mir das an?") und redeten sich ein, ja doch Interesse am Stoff zu haben. Damit, so Güttel, werde eine Verhaltensspirale in Gang gesetzt: Das eingeredete Interesse am Stoff werde mit der Zeit zu echtem Interesse.

Die Studie beweist, dass Motivation stimuliert werden kann. Die Forscher gehen davon aus, dass die Motivationsspirale auch in anderen Bereichen, etwa bei Changeprozessen in Organisationen, funktioniert.

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