Für Clownfische war „Nemo“-Film“ nicht so lustig

CLOWNFISCH IM HAUS DES MEERES
CLOWNFISCH IM HAUS DES MEERES(c) APA (HAUS DES MEERES)
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Immer wieder leiden Tiere, die in Film und TV herzerweichende Auftritte haben, unter ihrer Popularität.

Als die „Ninja Turtles“ ihre große Zeit hatten, Anfang der 1990er-Jahre, lösten sie in England eine Umweltkrise aus, und das, obgleich sie Comicfiguren waren, die die Welt vor dem Ozonloch und anderem Unbill retten wollten. Aber sie erinnerten so herzig an echte Rotwangenschildkröten, dass 250.000 Junge von den in Lateinamerika heimischen Tieren auf Gabentischen in Europa landeten. Dort blieben sie nicht, sie wuchsen mit ihren 30 Zentimetern ihren Haltern über den Kopf. Beschenkte Kinder verloren das Interesse, entnervte Eltern sahen nur einen Weg: Sie setzten die Tiere aus, in Gewässer. Die fraßen die Schildkröten bald leer, in Rückholaktionen brachten Tierschützer die zur Plage gewordenen Tiere in eigens für sie angelegte Teiche.

Weniger Glück hatten Orang-Utans: Sie wurden 1986 durch eine TV-Show in Taiwan populär, „The Naughty Family“, darin war einer von ihnen, Hsiao Li, ein guter Kumpel. Daraufhin wurden etwa 1000 junge Orang-Utans nach Taiwan importiert – aus Borneo, man musste zuerst ihre Mütter abschießen – und als Haustiere gehalten. Meist in Familien, aber die „Waldmenschen“ – so übersetzt sich ihr Name –, weckten nicht nur die Fantasie von Kindern, manche Weibchen wurden geschoren und kamen in Bordelle. Auch sie wurden groß und stark und bedrohlich, manche versuchte man auszuwildern, von anderen blieb keine Spur.

So erging es auch vielen Clownfischen, nachdem ihrem Filmstar „Nemo“ die Flucht aus der Zivilisation gelungen war, durch den Abfluss eines Waschbeckens. Viele Kinder in den USA wollten ihren Freunden mit Kiemen auch diese Freude bereiten und spülten sie im Klo hinunter. Natürlich kamen sie nie dorthin, wo von ihren natürlichen Verwandten immer weniger lebten, weil der durch den Film geschürte Bedarf zu starker Überfischung etwa beim südpazifischen Inselstaat Vanuatu führte. Und nun kommt „Dorie“, der Paletten-Doktorfisch (s. Hauptgeschichte). Wie wird es seinen Artgenossen ergehen? Zum Schutz der Clownfische gründeten Meeresbiologen den Saving Nemo Conservation Fund, er züchtete die Tiere in großem Stil. Aber Paletten-Doktorfische kann man nicht züchten. Deshalb versuchen die Biologen es mit einer Million Kisses Campaign: Fischhalter sollen in Selfies zeigen, wie sie ihre Nemos bzw. die Aquarienwände küssen. Das soll Bewusstsein schaffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2016)

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