Über Immobilienaktien kann man günstiger in Grund und Boden investieren als bei direkten Erwerb. Doch der Abwärtstrend an den Börsen ist noch nicht zu Ende. Mit einem Einstieg sollte man sich noch Zeit lassen.
Wien. Wer sein Portfolio breit streuen will, kommt an Immobilien kaum vorbei. Doch hat man nicht gerade ein Millionenvermögen, bleibt es meist bei einer einzigen oder wenigen Immobilien. Und das ist das Gegenteil einer breiten Streuung. Mitunter raten Anlageberater daher zu Immobilienwertpapieren (Aktien oder offenen Fonds), um Immobilien ins Portfolio zu bringen.
Das kann sinnvoll sein, wenn man glaubt, dass Aktien langfristig mehr Aufwärtspotenzial haben als die ohnehin schon teuren Wiener Wohnimmobilien. Tatsächlich handelt es sich aber um eine ganz andere Anlageform. Denn Immobilienaktien folgen in erster Linie dem Aktien- und weniger dem Immobilienmarkt. Seit Jahresbeginn ging es mit den heimischen Immobilienaktien um 27 Prozent nach unten– und damit fast so steil wie mit dem gesamten bankenlastigen ATX (minus 35 Prozent). „Ich kann mir nur schwer ein Szenario vorstellen, in dem es mit Aktien bergab geht, mit Immobilienaktien aber nicht“, stellt Robert Karas, Leiter des Asset Managements bei der Schoellerbank, fest. Auch der Anlagehorizont sei ein anderer, da man Immobilien schon aus steuerlichen Gründen mindestens zehn Jahre lang halten sollte (davor fällt Spekulationssteuer auf die Gewinne an).
Hinzu kommt, dass die meisten Immofirmen (ausgenommen die Conwert) nicht primär in Wohnimmobilien, sondern auch in Büros oder Logistikflächen investieren. Solche werden von einer schlechten Konjunktur tendenziell härter getroffen als Wohnungen.
Letztere sind allerdings bereits teuer geworden: Während sich Wohnungen in Wien in den vergangenen sieben Jahren um 50 Prozent und Wohnungen in ganz Österreich um 20 Prozent verteuert haben, notieren Immobilienaktien an der Börse nicht nur weit unter ihren Vorkrisenwerten– sie sind auch um 50 Prozent günstiger als ihre Buchwerte. Das ist auch im internationalen Vergleich günstig. In Großbritannien beträgt der Abschlag 23, in Deutschland 38 Prozent. Ursache sei die geringere Profitabilität, räumt Erste-Analyst Günther Artner ein. Berücksichtigt man diesen Aspekt, sind die österreichischen Immobilienaktien genauso teuer wie die britischen oder deutschen Papiere. Also noch immer günstig. Das wissen auch die Immofirmen, die derzeit wie die Conwert lieber eigene Aktien zurückkaufen, statt in neue Immobilien zu investieren. Die Erste-Group-Analysten halten bis Jahresende einen Kursanstieg von durchschnittlich 15 Prozent für möglich.
Immo-ATX im Abwärtstrend
Ins fallende Messer greifen sollte man aber nicht. Der Immobilien-ATX, der die Wertentwicklung von Immofinanz, CA Immo, Conwert, S-Immo und Warimpex widerspiegelt, kann sich dem gegenwärtigen Abwärtstrend nicht entziehen. Nachdem er im Mai 200 Punkte erreicht hatte, grundelt er nun bei 137 Zählern herum. Dass er das Tief unterschreiten könnte, das er nach der Lehman-Pleite hatte (41 Punkte), gilt als unwahrscheinlich (die Firmen sind finanziell besser aufgestellt).
Mit einem Einstieg sollte man sich aber noch Zeit lassen, bis sich ein deutlicher Aufwärtstrend an den Börsen abzeichnet.
Tipp 1
Risiko. Immobilien sind kein sicheres Geschäft. Sie können leer stehen, Mieten und Preise können sinken und Kredite zu einer schweren Belastung werden. Das trifft nicht nur auf die eigene Immobilie zu, sondern auch auf jene, die man indirekt über Immobilienaktien hält. Dort kommt auch noch das Risiko von Kursschwankungen dazu.
Tipp 2
Papier versus Stein. Vorteil von Immoaktien gegenüber Vorsorgewohnungen, Zinshäusern und Co. ist, dass man über den Umweg von Immo-Wertpapieren günstiger an Immobilien herankommt, als wenn man sie direkt kaufen müsste. Auch kommt man zu einer breiteren Streuung. Doch sind die Immofirmen häufig in riskanteren Märkten aktiv.
Tipp 3
Alternativen. Wem Immobilienaktien zu stark schwanken, der kann auch zu offenen Immobilienfonds greifen. Diese investieren direkt in Immobilien und werfen meist sehr stabile Erträge ab. Doch gibt es ein Risiko: Wollen zu viele Anleger gleichzeitig aussteigen, muss der Fonds mitunter geschlossen werden und man muss Monate bis Jahre auf sein Geld warten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2011)