Die Österreicher ziehen sichere Anlageformen vor, obwohl sie dort Verluste in Kauf nehmen müssen. Aktien traut man nach wie vor nicht über den Weg und das Sparbuch zählt zu den beliebtesten Anlageformen.
Wien/Nst/Weber. Das Sparbuch zählt hierzulande zu den beliebtesten Anlageformen. Auch wenn sich die damit zu erzielenden Renditen in Grenzen halten – und nach Abzug der Inflation ein Kaufkraftverlust akzeptiert werden muss. Selbst Thomas Schaufler, Wertpapierexperte der Erste Group sagt: „Das Einzige, was auf dem Sparbuch sicher ist, ist, dass das Geld weniger wert wird.“ Daten der Oesterreichischen Nationalbank zufolge hat einen Sparer für neue Einlagen mit einer Laufzeit von ein bis zwei Jahren im März diesen Jahres Zinsen von 2,07 Prozent erhalten und das bei einer Inflationsrate von 2,6 Prozent.
Mit Wertpapieren lassen sich tendenziell schon höhere Renditen erzielen. Das sehen die vom Marktforschungsinstitut Integral und im Auftrag der Erste Bank befragten Österreicher jedoch nicht so. Elf Prozent sind zwar der Ansicht, dass die Erträge mit Aktien, Anleihen und Fonds derzeit sehr oder eher hoch sind. Mit zehn Prozent sind aber auch fast ebenso viele der Meinung, dass Sparprodukte (Sparbuch/Bausparer) eine hohe Rendite abwerfen. „Das höhere Risiko bei Wertpapieren wird nicht mehr mit höheren Renditen verknüpft“, heißt es in einer Aussendung der Erste Bank.
Bei Sachwerten wie Gold oder Immobilien sieht die Sache anders aus: 62 Prozent schreiben dieser Anlageklasse hohe Erträge zu. Für Schaufler ist das „überraschend“, weil Gold keine Zinsen abwirft.
Wertpapiere gelten als riskant
Dennoch: Wer hohe Inflationsraten fürchtet, ist bei realen Werten wie Gold, Aktien oder Immobilien tendenziell eher gut aufgehoben. Der Goldpreis ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen und hat sich seit 2007 um 140 Prozent verteuert. Kostete eine Feinunze im Jänner 2007 noch rund 640 Dollar, sind es heute schon 1540 Dollar. Wer das Edelmetall in diesem Zeitraum verkauft hat, konnte schöne Gewinne realisieren.
Auch wenn Sachwerten hohe Renditen unterstellt werden, sind 49 Prozent der Ansicht, dass das Risiko, in sie zu investieren, sehr hoch, eher hoch oder mittelmäßig ist. 57 Prozent sagen das auch über Versicherungen. Bei Wertpapieren fällt die Einschätzung mit einer Zustimmung von 87 Prozent noch schlechter aus. Die Erfahrungen aus der Finanzkrise spielen hier freilich eine Rolle, sagt Schaufler.
Portfolio breit streuen
Die Aktienmärkte waren in den vergangenen Jahren überaus volatil. Kein Wunder, dass da Zurückhaltung herrscht. Privatanleger machen fast alle den gleichen Fehler, urteilt Valentin Hofstätter von Raiffeisen Research: „Sie investieren mit Rückspiegel.“ Deswegen präferieren sie Gold, das in den vergangenen Jahren gut gelaufen ist, scheuen aber Aktien. Das Edelmetall halten die Raiffeisen-Analysten nach dem Preisanstieg in den Vorjahren nicht mehr für besonders attraktiv. Auch viele andere Analysten sind skeptisch geworden. Schaufler zufolge sollte Gold zwar ins Depot, aber nur mit einem Anteil von fünf bis zehn Prozent des Gesamtvermögens.
Immobilien bergen dagegen ein anderes Problem: Vor allem in Wien sind sie schon sehr teuer geworden. Mit der Mietrendite lässt sich der Inflation nicht mehr begegnen. Diese wird errechnet, indem man die Mieteinnahmen aus dem ersten Jahr dem Kaufpreis gegenüberstellt. Weil die Mieten nicht so stark wie die Kaufpreise gestiegen sind, ist die Rendite gesunken. Zudem stellen Immobilieninvestments wegen der hohen Preise für eine Wohnung oder ein Haus meist ein großes Klumpenrisiko dar. „Das lohnt sich fast nur bei wirklich großen Portfolios“, so Hofstätter.
Er rät Anlegern, die Angst vor Aktien zu überwinden: „Fast alle beschweren sich über den hohen Ölpreis, aber niemand denkt daran, Aktien von Ölfirmen zu kaufen um davon zu profitieren.“ Seiner Meinung nach ist man mit Anteilscheinen von großen europäischen Unternehmen auf der sicheren Seite: „Da gibt es eine Dividendenrendite von vier Prozent.“ Deutlich mehr, als die Bank für Einlagen zahlt.
Oberste Regel ist aber auch hier, nicht alles auf eine Karte zu setzen. Sein Portfolio breit zu diversifizieren, hat wohl erst ab einem Betrag von 20.000 bis 30.000 Euro Sinn, sagt Schaufler.
Wer weniger Kapital zur Verfügung hat, kauft entweder mehrere Aktien oder investiert gleich in einen Fonds.
Besonders bei kleinen Portfolios sollten dabei die Kosten so weit wie möglich reduziert werden. Relativ günstig kann man sein Geld mit börsengehandelten Indexfonds (ETFs) streuen. Diese kaufen einen Index stur nach und verlangen deswegen keine hohen Verwaltungsgebühren. Es gibt auch Produkte, die einen Index mit „Dividendenaktien“ abbilden, wie den „DivDAX“. Neben einer Streuung ist es wichtig, nicht bei jeder Kursschwankung kalte Füße zu kriegen. Aktien sollten – wie Immobilien auch – als Langfristinvestments gesehen werden.
Was Sie beachten sollten beim... Inflationsschutz
Tipp 1
Sparbuch. Die Vorliebe der Österreicher für das Sparbuch ist verständlich: Es gibt keine Kursschwankungen und die Einlagensicherung garantiert, dass man sein Geld auch wiedersieht. Der Nachteil: Die Zinsen sind so niedrig, dass sie mit der Teuerung nicht mithalten. So geht die Kaufkraft verloren.
Tipp 2
Gold. Das gelbe Edelmetall ist ein beliebtes Mittel, um sein Depot gegen Teuerung zu schützen. Der Grund ist einfach: Gold gibt es nur in begrenzten Mengen, es kann nicht beliebig vermehrt werden. Weil der Markt sehr klein ist, kann es aber auch zu starken Schwankungen kommen. Zuletzt hat der Goldpreis nachgegeben.
Tipp 3
Streuung. Der sicherste Risikoschutz ist immer noch eine breite Streuung des Portfolios. Die Devise, nie alles auf eine Karte zu setzen, gilt auch für das Sparbuch: Dies sollte eher als Aufbewahrungsort für den Notgroschen dienen. Historische Daten zeigen, dass man mit einer breiten Streuung am sichersten durch Krisen kommt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2012)