Wie man den Fingern der Politik auf den Märkten entgeht

APA/BARBARA GINDL
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Anlage. Wohin mit dem Geld, wenn „finanzielle Repression“ herrscht? Man muss der Politik einen Schritt voraus sein.

Wien/Los Angeles. Fast sechs Jahre nach der Krise ist das Leben von Privatanlegern nicht einfacher geworden. Erste Stimmen warnen bereits vor einer neuen Blasenbildung auf den Märkten – gleichzeitig versprechen die Politiker und Notenbanker weiterhin, dass alles besser wird. Was also tun mit dem Geld, wenn man welches hat?

Der US-Fondsverwalter (MerkFunds) und gebürtige Bayer Axel Merk sagt: „Die Leute müssen sich umschauen, es wird komplizierter. Klassische Diversifizierung funktioniert nicht mehr. Die Politiker sind zu sehr auf den Märkten engagiert, die Kurse reflektieren deren Willen und alle Aktien gehen immer gleichzeitig hoch oder runter.“ Merk betreut mehrere Fonds mit den Schwerpunkten Währungen und Gold für rund 20.000 Kunden und ist ein gern gesehener Gast im US-Wirtschaftsfernsehen.

„Nichts ist mehr sicher“

Auch, weil er fast immer eine andere Meinung als der Mainstream hat – vor allem als die EZB. „Man darf sich nicht von den Nachrichten treiben lassen. Es gibt wenige auf der Welt, die die EZB verstehen und noch weniger, die sie verstehen wollen“, so Merk in einem Telefon-Interview mit der „Presse“. Die aktuelle Deflationsdebatte sei übertrieben: Man könne die sinkende Inflation verschieden sehen. Entweder als Zeichen einer nachlassenden Wirtschaft – oder als kurzfristige Folge sinkender Energiepreise auf dem Weltmarkt. Langfristig habe die Deflation kaum eine Chance: „Für die Kaufkraft des Euro ist es viel besser, wenn die Währung stabil bleibt und die Gehälter sinken. Aber wenn man Politiker ist, will man das seinen Wählern nicht sagen.“

Politik und Notenbanken werden weiterhin versuchen, den Märkten ihren Willen aufzuzwingen – mit unabsehbaren Folgen. Anleger seien deswegen gut beraten, sich weder von Presseaussendungen noch von der eigenen Meinung blenden zu lassen. „Man muss sich in die Schuhe der Politiker stellen“, sagt Merk, der aber auch eine ernüchternde Nachricht hat: „Man darf nicht glauben, das es irgendetwas Sicheres gibt auf dieser Welt. Auch Cash ist nicht risikolos. Noch nicht einmal Gold. Die Interessen der Politik und die der Investoren decken sich nicht mehr, weil wir zu viele Schulden haben.“ Sein Rat: „Das Wichtigste ist, glücklich zu bleiben, wenn auch einmal was runtergeht, wenn alles andere raufgeht – und das Zeug, das runtergeht, nicht automatisch rauszuschmeißen.“

Merks besondere Leidenschaft gehört den Währungen, was auf den ersten Blick kontraintuitiv ist. Denn die Währungen und ihre Kurse sind das erste Opfer staatlicher Interventionen. Aber Merk weiß das. „Man sollte sich verschiedene Währungen ansehen, weil wir zu viele Schulden in der Welt haben und die Länder unterschiedlich damit umgehen. Und die Entscheidungsträger sind oft vorhersehbar.“ Gleichzeitig würden viele traditionelle Währungshändler aus dem Markt fliegen, weil ihre Computermodelle auf plötzliche Kursmanipulationen der Notenbanken nicht eingestellt sind. Hier sieht Merk eine Chance.

„Finanzielle Repression“

Bei Staatsanleihen und Aktien hat er eher Zweifel. Die Faustregel sei deshalb: „Durch Streuung kann man besser schlafen.“ Risiko lasse sich aber nicht vermeiden. Das ist eine Folge der „finanziellen Repression“: „Man wird zu risikoreicheren Anlagen gezwungen, weil die Politiker nicht wollen, dass man sein Geld unter den Kopfpolster steckt.“

Was Sie beachten sollten bei... finanzieller Repression

Tipp 1

Informieren. Vertrauen Sie niemals Politikern oder Notenbankern, machen Sie sich immer ein Bild von deren Taten und verlassen Sie sich nicht auf Worte. Informieren Sie sich über das Geldsystem – und warum Deflation zwar gesamtwirtschaftlich ein Problem sein mag, langfristig die Inflation aber die weitaus größere Gefahr für Ihr Erspartes und Portfolio darstellt.

Tipp 2

Beobachten. Überprüfen Sie Ihre Annahmen. Verlassen Sie sich auf Ihre eigene Meinung genauso wenig wie auf jene von Politikern und Notenbankern. Seien Sie besonders vorsichtig auf dem Aktienmarkt, der stark gehypt wird. Dort befindet sich viel „heißes“ Geld, das beim kleinsten Anzeichen von Problemen ganz schnell verschwinden und den Bullenmarkt beenden könnte.

Tipp 3

Handeln. Streuen Sie innerhalb Ihres Portfolios und vergessen Sie dabei nicht auf wichtige Anlageklassen. Aktien, Anleihen, (physisches) Gold und Rohstoffe sollten eine Rolle spielen. Das Währungsgeschäft ist kompliziert, da die Notenbanken derzeit in einem Währungskrieg um die Wette abwerten, Währungshandel ist deshalb ein Spiel mit Nuancen.

Tipp 4

Reagieren. Finanzielle Repression ist gefährlich, weil sie von Gesetzen abhängt. Den Bürgern soll das Sparen so schwierig wie möglich gemacht werden, damit der Konsum angekurbelt wird. Beobachten Sie deshalb die gesetzliche Lage und reagieren Sie gegebenenfalls. Analysen von Währungsfachmann Axel Merk finden Sie unter www.merkfunds.com.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2014)

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