Betrug: Wenn der Anlagetipp per Post kommt

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Ein fingiertes Fax oder ein E-Mail mit vermeintlichen Insiderinformationen, das unaufgefordert den Posteingang erreicht. Nicht immer sind Anlageinformationen seriös. Konsument muss die Spreu vom Weizen trennen.

Wien. Es war ein Fall, wie er immer häufiger vorkommt: Eines Vormittags trudelte via Faxgerät ein vermeintlich fehlgeleitetes Schreiben an mehreren Orten ein. Der Inhalt der Nachricht war für jemand anders bestimmt – zumindest sollte das glaubhaft gemacht werden. Einige Anleger waren dennoch der Ansicht, an Insiderinformationen gelangt zu sein und kauften jene Aktien, die Gegenstand des Fax gewesen waren. Es dauerte nicht lange, und der Kurs der Aktie sprang in die Höhe. Der Versender des Schreibens, der vor der Streuung der Nachricht wohl einige Anteilsscheine erworben haben dürfte, konnte seine Papiere mit Gewinn verkaufen. Kurze Zeit später sackte der Kurs ab. Viele durchschauten den fingierten Kaufaufruf nicht – und mussten kräftige Verluste hinnehmen.

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) warnt schon seit Längerem vor Methoden wie dieser. Sie werden gemeinhin unter dem Fachbegriff „Scalping“ zusammengefasst. In diese Kategorie des Anlagebetrugs fallen laut FMA fingierte Ausgaben von Newslettern, Analystenkommentaren oder Börsenbriefen. Dass es immer wieder Konsumenten gibt, die auf Empfehlungen wie „Der Aktie steht ein gigantischer Anstieg bevor“ hereinfallen, zeigt der im Vorjahr entstandene Schaden durch Finanzbetrug. Er beläuft sich auf 750 Mio. Euro.

Doch woran erkennt ein Konsument, ob es ein Börsenbriefschreiber ausschließlich gut mit sich oder auch mit anderen Anlegern meint? Wilhelm Rasinger vom Österreichischen Interessenverband für Anleger sagt: „Auf dem Kapitalmarkt hat jeder ein Eigeninteresse. Wohltäter gibt es dort keine.“ Börsenbriefe sollten Rasinger zufolge lediglich als ergänzende Information betrachtet werden. Sie seien eine Möglichkeit, sich der Börse zu nähern. Allerdings nur in einem zweiten oder dritten Schritt. „Als mündiger Konsument sollte man gewissen Produkten distanziert gegenüberstehen.“

Keine Regelung

Herbert Samhaber, Ausschussvorsitzender der Wertpapierdienstleister in der Wirtschaftskammer, ist ähnlicher Ansicht. Er stößt sich vor allem an der Tatsache, dass jeder Börsenbriefe verfassen könne. FMA-Sprecher Klaus Grubelnik erklärt in diesem Zusammenhang: „Das Gesetz legt nur fest, dass Informationen, die eine explizite Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren aussprechen, sachgerecht dargeboten werden müssen. Interessenkonflikte sind gegebenenfalls offenzulegen.“ Die Analysten der Geldhäuser würden hier einem eigenen Compliance Codex unterliegen, Journalisten einer freiwilligen Selbstregulierung.

Laut Samhaber könne die Seriosität eines Börsenbriefes auch an den Schreibern festgemacht werden – und daran, ob Interessenkonflikte bestehen. Doch nicht immer muss ein Name für Qualität bürgen. Erst im heurigen Jahr wurde der frühere Börsenexperte Markus Frick wegen Manipulation am Aktienmarkt in Deutschland verurteilt. Er war angeklagt worden, weil er in seinen Börsenbriefen eigene wirtschaftliche Interessen verschwiegen haben soll. Der Austria Börsenbrief weist in seinen Ausgaben beispielsweise darauf hin, dass der „Verfasser der Analyse selbst an einzelnen Finanzinstrumenten ein nennenswertes finanzielles Interesse hat.“ Wie dies zu deuten sei, erklärt Geschäftsführer Peter Bäßler so: „Einer unserer Redakteure kann die Aktien eines Unternehmens beispielsweise schon vor einem Jahr gekauft haben.“ Habe jemand in einer aktuellen Ausgabe ein bestimmtes Wertpapier empfohlen, dürfe der Redakteur erst an jenem Tag zukaufen, an dem die Ausgabe erscheint. „Front Running betreiben wir keines“, sagt Bäßler.

Information kostet

Gratis sind die Informationen des Börsenbriefes nicht: Ein Jahresabo kostet 268 Euro. „Wir müssen unsere Redakteure bezahlen“, sagt Bäßler. Dafür nehme man im Gegenzug keine Anzeigen entgegen.

Für Bernd Lausecker vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) sind bezahlte Informationen nicht unbedingt besser als jene, die gratis sind. Einige Experten sind jedoch der Ansicht, dass man kostenfreien Angeboten eher skeptisch gegenüberstehen sollte.

Als Konsument müsse man sich in jedem Fall die Frage stellen, warum jemand etwas Bestimmtes schreibt und welchen Vorteil er daraus ziehen will, sagt Samhaber. Das sei in der Regel aber schwer zu recherchieren. Fassen Börsenbriefe Markttendenzen oder Börsendaten zusammen, sei das eher in Ordnung – auch weil es viel Zeit erspart, sagt Lausecker. Unseriös werde es jedoch dann, wenn unbekannte Nischenwerte zum Kauf empfohlen werden.

Was Sie beachten sollten bei... Börsenbriefen

Tipp 1

Lesen. Anleger sollten einen Blick auf das Impressum und die Firmenadresse des Herausgebers werfen, um sicher zu sein, dass es sich bei dem Anbieter nicht um eine Briefkastenfirma handelt. Wird sowohl ein Jahresbericht veröffentlicht, als auch das Managementteam bekannt gegeben, könnte dies ein seriöses Indiz sein – muss es aber nicht.

Tipp 2

Statistiken. Wird ein Nischenwert empfohlen, den man gemeinhin als unbekannt einstufen würde, empfiehlt es sich, die Aktienumsätze eines bestimmten Werts über einen längeren Zeitraum zu beobachten. Wird eine Aktie kaum gehandelt, dann aber plötzlich empfohlen, sollten bei den Anlegern die Alarmglocken schrillen.

Tipp 3

Depot. Einige Unternehmen, die Börsenbriefe herausgeben, veröffentlichen ein Musterdepot. Auf diese Weise ist eher nachvollziehbar, wie sich empfohlene Aktien tatsächlich entwickelt haben. Einige Experten sind zudem der Ansicht, dass kostenfreie Börseninformationen eher mit Vorsicht zu genießen sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2011)

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