Flucht aus der Zukunftsvorsorge

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Seit die Prämie für die Zukunftsvorsorge gekürzt wurde, haben viele Anleger ihre Verträge ruhend gestellt. Die Anbieter versuchen mit Zuckerln, Kunden zu gewinnen.

Wien/Nst. Die staatliche geförderte Zukunftsvorsorge hat in den vergangenen Jahren keinen besonders guten Ruf genossen. Der Einbruch auf den Aktienmärkten hat bei vielen Verträgen dazu geführt, dass sie „ausgestoppt“ wurden, damit die Kapitalgarantie erfüllt werden konnte. Das bedeutet, dass die Anbieter den Anteil an Aktien aus ihren Produkten herausnehmen mussten, seither wird nur noch in risikolose Papiere mit geringerem Ertrag investiert. Erst später einbezahlte Beträge werden wieder riskanter veranlagt, um die Gewinnchancen zu steigern.

Prämie halbiert

Zuletzt hat die Regierung dem Produkt einen weiteren Dämpfer versetzt, weil sie die staatliche Förderung halbiert hat. Statt 8,5 Prozent gibt es für heuer nur noch 4,25 Prozent für die einbezahlten Beträge. Bei der Wiener Städtischen Versicherung hat dies dazu geführt, dass seit der Ankündigung der Regierung 20 Prozent der Verträge in der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge ruhend gestellt wurden, wie das Unternehmen am Dienstag bekannt gab.

Die Anleger zahlen dann nichts mehr ein, das Geld wird aber weiterveranlagt und soll am Ende zu einer entsprechend geringeren Pensionsauszahlung führen. Die laufenden Gebühren werden aber weiter bezahlt und knabbern an der Rendite.

Die Anzahl der ruhend gestellten Verträge habe sich damit gegenüber früher „sicherlich verdreifacht“, wie Generaldirektor Robert Lasshofer sagt. Die Versicherer suchen nach Gegenmitteln wie neuen Produkten oder Zuckerln, um ihre Altersvorsorgeprodukte den Kunden dennoch schmackhaft zu machen.

So hat der Versicherungsverband vor einigen Monaten die sogenannte „Brückenpension“ vorgestellt. Sie soll die Zeit zwischen realem und gesetzlichem Pensionsantritt finanziell überbrücken.

Die Wiener Städtische setzt auf– befristete– Zuckerln, für die sie heuer fünf Mio. Euro aufwenden will. Für alte Verträge und jene, die neu abgeschlossen werden, wird die Förderung heuer von 4,25 Prozent um 3,5 Prozentpunkte angehoben. Unter dem Strich wird sie 7,75 Prozent betragen. Allerdings vorerst nur für das erste Jahr, wie es dann weitergeht, ist offen. Das Produkt hat eine Laufzeit von mindestens zehn Jahren. Ebenfalls für ein Jahr erhalten die Kunden eine kostenlose Pflegeversicherung, allerdings unter der Voraussetzung, dass die maximal geförderte Summe von heuer 2329,88 Euro veranlagt wird.

In Österreich haben rund 1,5 Millionen eine prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge abgeschlossen. Städtische-Generaldirektor Günter Geyer schätzt, dass rund eine Million Kunden unter 35 Jahre alt sind. Heuer beträgt die höchstmögliche prämienbegünstige Einzahlung 2329,88 Euro. Die maximale staatliche Prämie erreicht 99,02 Euro.

Auch Umstieg ist teuer

Ein Kritikpunkt an der Zukunftsvorsorge ist die Mindestaktienquote, die in börsenschwachen Zeiten für schlechte Erträge sorgt. Früher mussten mindestens 40 Prozent des angesparten Kapitals in den Aktienmarkt investiert werden. 2009 wurde die Quote dann auf 30 Prozent reduziert. Bei neuen Verträgen gilt ein sogenanntes „Lebenszyklusmodell“. Bis zum 45. Lebensjahr liegt der Aktienanteil bei 30 Prozent, ab 55 sinkt er auf 15 Prozent. Ein Nachteil der Zukunftsvorsorge besteht darin, dass das Kapital bei Vertragsunterzeichnung für die Dauer von zehn Jahren gebunden bleibt. Aus den Polizzen vorzeitig auszusteigen, ist unmöglich. Lässt man sich das angesparte Kapital auszahlen, müssen Abschläge in Kauf genommen werden. Dann muss nicht nur die Hälfte der staatlichen Prämie zurück, sondern auch die Kapitalertragsteuer von 25 Prozent nachbezahlt werden. Auch rechnet sich der Umstieg auf ein anderes Produkt nicht immer, da dann erneut hohe Gebühren anfallen.

Was Sie beachten sollten bei... der Altersvorsorge

Tipp 1

Zukunftsvorsorge. Die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge ist seit der Prämienkürzung unattraktiver geworden. Weitere Nachteile: Der vorzeitige Ausstieg ist schwierig oder überhaupt unmöglich, die hohe Aktienquote schmälert die Rendite in schlechten Zeiten, die Kapitalgarantie ist teuer. Dafür gibt es ein Steuerzuckerl und eine lebenslange Pension.

Tipp 2

Streuung. Wer für sein Alter vorsorgen will, tut gut daran, nicht alles in gebundene Produkte wie Zukunftsvorsorge, Lebensversicherung oder Rentenversicherung zu stecken. Denn trotz Steuervorteilen haben diese Produkte einen entschiedenen Nachteil: Will man vorzeitig an sein Geld, ist das schwierig oder sehr teuer.

Tipp 3

Summe. Experten schätzen, dass sich heute 30- bis 40-Jährige auf ein Pensionsloch (Differenz zwischen Einkommen und Pension) von 1000 Euro einstellen müssen. Um das zu schließen, braucht man als 65-Jähriger mindestens 200.000 Euro (die Inflation ist dabei noch nicht berück-sichtigt). Doch hilft auch eine eigene Wohnung, weil man Miete spart.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2012)

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