Welche Versicherungen brauche ich?

Symbolbild
Symbolbild(c) Www.BilderBox.com (BilderBox.com)
  • Drucken

Wogegen man sich versichern sollte, hängt von der persönlichen Lebenssituation ab. Dennoch gibt es wichtigere und unwichtigere Policen. Österreicher setzen dabei oft die falschen Prioritäten, finden Experten.

Wien. Niemand hat das Geld, um sich gegen alle Unwägbarkeiten des Lebens zu versichern. Deswegen heißt es: Prioritäten setzen. Wer welche Versicherung braucht, hängt vor allem von den persönlichen Lebensumständen ab. Selbstständig Beschäftigte sollten sich etwa eher über eine Berufsunfähigkeitsversicherung Gedanken machen als Angestellte. Wer sein Haus in einer hochwassergefährdeten Gegend baut, braucht eine entsprechende Eigenheimversicherung.

Nicht selten werden jedoch die falschen Entscheidungen getroffen, kritisiert Rudolf Mittendorfer, Obmann der Wiener Versicherungsmakler in der Wirtschaftskammer. „Oft werden alle noch so kleinen Alltagsschäden abgesichert, anstatt für potenziell existenzzerstörende Ereignisse vorzusorgen.“ Gemeint sind finanzielle Belastungen, die das eigene Vermögen zur Gänze aufzehren oder übersteigen können. Gegen diese kann man sich mit folgenden Policen wappnen:

•Haftpflichtversicherung: Damit sichert man sich gegen etwaige Schadenersatzforderungen ab. Wer jemand anderem einen Schaden zufügt, zum Beispiel auf der Skipiste, kann zur Wiedergutmachung verpflichtet werden. Trifft es das Gegenüber hart, kann die Summe schnell die eigenen Möglichkeiten übersteigen. Deswegen ist eine Haftpflichtversicherung so gut wie unerlässlich. In Österreich gibt es sie vornehmlich im Paket mit einer Haushaltsversicherung. Abgedeckt werden in der Regel Schäden von bis zu 1,5Mio. Euro. Haustierbesitzer sollten zusätzlich eine Tierhaftpflichtversicherung abschließen.

•Unfallversicherung: Wer in seiner Freizeit einen Unfall erleidet, erhält zwar eine ausreichende medizinische Versorgung. Kritisch wird es bei bleibenden Schäden. Hier sorgt die Unfallversicherung dafür, dass man nicht nur eine gute, sondern die bestmögliche Behandlung erhält. Auch gegen dauernde Invalidität wird damit vorgesorgt. Zwar ist diese Versicherung weit verbreitet, in den meisten Fällen sei der Schutz aber unzureichend, sagt Mittendorfer. Beim Abschluss sollte man darauf achten, dass die Versicherung immer und überall und nicht nur in bestimmten Regionen oder Situationen gilt, rät der Versicherungsmakler.

•Ablebensversicherung: Gerade junge Familienväter werden um diese Versicherung nicht herumkommen. Sie sorgt dafür, dass die Hinterbliebenen im Todesfall über eine vorher festgelegte Summe finanziell abgesichert sind. Oft wird sie mit einer Lebensversicherung, die zur Absicherung im Alter dient, kombiniert. Dies ist aber unsinnig und teuer, weswegen Risiko- und Altersvorsorge stets getrennt werden sollten.

•Versicherung gegen Berufsunfähigkeit: Gerade für junge Menschen kann sich das staatliche Sicherheitsnetz als grobmaschig herausstellen, weil sie nicht genügend Versicherungsmonate haben. Wenn im Fall der Berufsunfähigkeit Kredite laufen oder Angehörige zu versorgen sind, kann es erst recht eng werden. Für Freiberufler und Gewerbetreibende ist diese Versicherung in jedem Fall empfehlenswert. Je früher man eine Police abschließt, desto niedriger fallen die Prämien aus.

•Kfz-Kasko: Vorgeschrieben ist allein die Kfz-Haftpflichtversicherung, die bei einem Unfall Schäden von Dritten übernimmt. Die Kfz-Kaskoversicherung kümmert sich indes auch um Schäden am eigenen Auto. Diese sind in der Regel zwar nicht existenzgefährdend. Wer jedoch auf seinen Wagen angewiesen ist, um zum Arbeitsort zu gelangen und nicht auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen kann, sollte sich den Abschluss einer solchen Kfz-Versicherung überlegen.

Mit diesen vier bis fünf Versicherungen ist man schon einmal gegen besonders schwere Schicksalsschläge abgesichert. Die Policen sind natürlich nicht immer günstig zu haben. Wer Kompromisse eingehen muss, sollte aber nicht gleich ganz auf die Verträge verzichten. Versicherungsmakler Mittendorfer rät dazu, in so einem Fall nur die schwersten Fälle abzusichern und von unten her zu kürzen. Wer zum Beispiel bei einer Haushaltsversicherung einen höheren Selbstbehalt akzeptiert, zahlt dafür weniger Prämien.

Die restlichen Versicherungen sind eher als Komfortversicherung bzw. als Sparprodukt zu sehen. Private Altersvorsorge ist ohne Zweifel wichtig, aber ob eine Lebensversicherung dafür das richtige Produkt ist, ist fraglich. Die private Krankenversicherung wird von Michaela Kollmann von der Arbeiterkammer indes als „komfortabel, aber nicht unbedingt notwendig“ beschrieben. Daneben gibt es noch Versicherungen, die zwar nicht zwingend nötig, aber auch nicht ganz unwichtig sind:

•Pflegeversicherung: Das Thema private Pflegeversicherung wird nach Ansicht von Experten in der Zukunft noch an Bedeutung gewinnen. Die jetzigen Produkte hätten aber alle noch Mängel, sagt Mittendorfer. Auch hier gilt: Wer sich die teuren Prämien nicht leisten kann, sollte nur die höheren Pflegestufen versichern.

•Rechtsschutzversicherung:Diese Versicherung ist nicht unwichtig, doch würde es unter Umständen reichen, nur Teilbereiche abzusichern. Der Trend zum allumfassenden Schutz führt dazu, dass auch Lappalien vor Gericht landen, die ohne Versicherung außergerichtlich geklärt würden. Mittendorfer zählt sie nicht zu den existenzsichernden Versicherungen, da man im schlimmsten Fall „auf sein Recht verzichten“ müsse.

•Reiseversicherung:Vieles wird bereits von der Kreditkarte oder einer Mitgliedschaft in einem Autofahrerklub abgedeckt. Familien mit kleinen Kindern sind jedoch einem größeren Risiko ausgesetzt, etwa wenn ein Kind krank wird. Ihnen ist daher anzuraten, eine Stornoversicherung abzuschließen.

Was Sie beachten sollten bei... Versicherungen

Tipp 1

Vergleichen. Auf der Suche nach einer geeigneten Versicherung ist ein Preisvergleich unerlässlich. Dazu dient etwa die Internetsuchmaschine durchblicker.at. Mit ihr kann man die günstigsten Tarife für Auto-, Motorrad-, Fahrrad-, Haushalts-, Lebens- und Rechtsschutzversicherungen finden. Sonst hilft auch ein Gang zum Versicherungsmakler. Die Kosten dafür werden durch Ersparnisse bei dem Prämien meist wieder aufgehoben.

Tipp 2

Die richtigen Prioritäten. Kompromisse sind fast unvermeidbar. Dabei sollte man aber Versicherungen gegen die größten finanziellen Schäden behalten, statt sich gegen Alltagskosten abzusichern. So ist es beispielsweise wenig sinnvoll, eine alles umfassende Haushaltsversicherung zu besitzen, dafür aber keine oder nur eine unzureichende Unfallversicherung. Bei der Pflegeversicherung könnte man auf untere Pflegestufen verzichten.

Tipp 3

Bestehender Schutz. In vielen Bereichen ist man bereits versichert, ohne dass man dazu eine private Police braucht. Auf Reisen ist man mit der Kreditkarte oft vor gewissen Risken geschützt. Auch die Mitgliedschaft in einem Autofahrerklub beinhaltet in der Regel einen Reiseschutz. Unfall- und Pflegeversicherung können sich manchmal überschneiden, ebenso wie Rechtsschutz- und Haftpflichtversicherung. Dies sollte im Auge behalten werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.