Let's make money

Warum Gazprom trotz Kursexplosion noch immer ein guter Tipp ist und Daimler weiter bergwärts fährt.

Dow Jones erstmals über 17.000 Punkte, DAX wieder über 10.000 – eigentlich war die abgelaufene Börsenwoche trotz beginnender Sommerflaute recht sonnig. Allerdings nicht in Wien, wo gegen das Wochenende hin ein kleiner Indexabsturz passierte. Das hat aber nichts mit allgemeiner Börsenstimmung zu tun, sondern ist ein alpenrepublikanisches Spezifikum: Hier entweicht gerade bei einem Unternehmen nach dem anderen mit lautem Knall die heiße Luft der sogenannten Ostfantasie. Am Freitag war die Erste Group dran. Und wenn ein derartiges Indexschwergewicht an einem einzigen Tag um fast 16 Prozent einknickt, dann sieht eben auch der dazu passende Leitindex nicht besonders gut aus.

Wie geht es international weiter? Da stehen die Vorzeichen nicht so schlecht. Nach den Anstiegen der vergangenen Tage dürfte jetzt zwar erst einmal ein wenig Verschnaufen angesagt sein, aber das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht. Im Gegenteil: Wenn es beispielsweise der deutsche DAX über sein bei rund 10.050 Punkten liegendes Allzeithoch schafft, generiert er ein neues Kaufsignal.

Da könnte es sich auszahlen, die DAX-Stars näher unter die Lupe zu nehmen. Beispielsweise den Mercedes-Hersteller Daimler(ISIN DE0007100000), über den Donnerstag und Freitag ein richtiger Hagel an Kaufempfehlungen internationaler Analysten niedergeprasselt ist: „Buy“ und „Outperform“ gab es unter anderem von Exane BNP Paribas, Kepler Chevreux, Commerzbank und Macquarie, nur Barclays wollte mit einem „Underweight“ nicht in den Jubel einstimmen.

Die Kursziele liegen jetzt zwischen 72 und 80 Euro, derzeit notiert das Papier bei 70. Das sieht nicht gigantisch aus, aber Daimler gehört eben zu den „schweren Schiffen“ an der Börse, die eher behäbig, dafür aber konstant dahinziehen. Seit der „Wiedererweckung“ vor zwei Jahren hat sich der Kurs der Mercedes-Aktie jedenfalls annähernd verdoppelt.

Grund für die erhöhte Aufmerksamkeit der Analysten war ein Kapitalmarkttag der Nutzfahrzeugsparte des Konzerns, bei dem der Spartenvorstand trotz der (im Juni nur kurz unterbrochenen) Nachfrageschwäche in Europa die Aussichten bekräftigte. Ähnlich sieht es auch im Pkw-Segment aus: Europa kommt nicht recht in die Gänge, aber in Übersee läuft das Geschäft hervorragend.

Gute Aussichten, seinen beeindruckenden Höhenflug (Kurs-Verzweieinhalbfachung in eineinhalb Jahren) fortzusetzen, hat auch der im Technologieindex TecDAX notierte Mobilfunkanbieter Drillisch(ISIN DE0005545503). Der dürfte von der auch im deutschen Mobilfunkmarkt Platz greifenden Konsolidierung profitieren. Unmittelbar jedenfalls von der Fusion der Konkurrenzunternehmen Telefonica Deutschland und E-Plus, denen die Kartellbehörden als Bedingung eine Teilabgabe ihrer Netzkapazitäten aufgetragen haben. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der abzugebenden Kapazitäten geht an Drillisch, ein entsprechender Vertrag ist schon unter Dach und Fach. Die formelle Zustimmung der Kartellbehörden steht zwar noch aus, sie gilt aber eher als Formsache. Analysten geben Drillisch kurzfristige Kurspotenziale zwischen zehn und 15 Prozent.

Ein ziemlicher Volltreffer war die Aktie des russischen Gasriesen Gazprom (ISIN US3682872078), die seit der „Presse“-Erstempfehlung Ende März um gut 40 Prozent zugelegt hat. Jetzt hat die Russen-Aktie, die bei uns als ADR (American Deposit Receipt, daher die US-ISIN) handelbar ist, den Einbruch durch die akute Ukraine-Krise beinahe ausgebügelt. Das hat aber noch nichts zu sagen, denn das Papier ist nach normalen Kriterien noch immer extrem günstig bewertet – und sieht nach dem „Ausbügeln“ der Ukraine-Delle jetzt auch charttechnisch wieder gut aus. Da könnte noch einiges zu holen sein. Allerdings mit der gebotenen Vorsicht. Denn das Papier reagiert auf politische Entwicklungen sehr sensibel.

Auf eine Offensive im Mobilfunkbereich bereitet sich der hierzulande vor allem durch Laptops bekannte chinesische Hersteller Lenovo (ISIN HK0992009065) vor: Die Chinesen wollen in den nächsten zwölf Monaten 60 Handymodelle neu auf den Markt bringen und 80 Millionen „Mobiles“ verkaufen. Und dabei zunehmend den chinesischen Markt, auf dem sie jetzt schwerpunktmäßig tätig sind, verlassen. Das könnte der Aktie durchaus guttun.

josef.urschitz@diepresse.com 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.